Ann Hirst-Smith berichtet vom FINAT Technical Seminar 2018
Die ungewöhnlich breitgefächerte Lieferkette für die Haftetikettenbranche macht das alle zwei Jahre stattfindende FINAT Technical Seminar (7.–9. März) in vielerlei Hinsicht zu einem interessanten Ereignis. Sie bringt eine vielfältige Gemeinschaft mit Delegierten aus ganz Europa und darüber hinaus zusammen, die ein starkes Interesse an technischen Fortschritten hat, die sich auf die Etikettierung und Verpackung auswirken werden.
Die diesjährige Veranstaltung, zum sechsten Mal in Barcelona/E, war keine Ausnahme. Zwei Tage lang verknüpfte das Seminar Networking und Untersuchung und Bewertung der »Herausforderungen im Etikettenmarkt«, die die Agenda der Veranstaltung ausmachten.
Die Wolken erforschen …
Der Keynote-Speaker des Seminars, Andy Hobsbawm (UK), Mitbegründer und CMO von Evrythng der führenden Internetplattform für intelligente Produkte, diskutierte die Art und Weise, in der das »Internet der Dinge« und sein Hauptvorteil – Daten – intelligente Produkte dazu befähigen, Markenbeziehungen, Kundeninteraktionen, Produktauthentifizierung und Markensicherheit, Geschäftsmanagement und Serviceerfahrungen zu verändern – eine riesige Arena wo Etiketten auf Verpackungen eine Reihe von Schlüsselrollen einnehmen können. Es befindet sich derzeit noch in den Kinderschuhen, wachse aber schnell – insbesondere in Bereichen wie Serialisierung und On-Pack-Augmented-Reality Geräten. »99% der Dinge werden Teil eines vernetzten Netzwerks.« Der Vorteil von On-Pack-»Communicators« für Markeninhaber ist natürlich die riesige Quelle von Daten, die dadurch generiert werden. Dies kann Ende-zu-Ende-Transparenz über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg bieten, die Geschäftseffizienz steigern und zur Sicherung der Lieferkette beitragen. Andy Hobsbawm beschwor die Seminarteilnehmer, diese Möglichkeiten aktiv zu nutzen und »ihre Produkte in intelligente digitale Assets zu verwandeln«.
Als Antwort auf dieses Plädoyer diskutierte Günther Dieroff (S), Vertriebs- und Marketingleiter der schwedischen Etikettenduckerei Beneli, die sich bereits einen Namen bei Smart Labels gemacht hat, im Detail über den Umfang des Marktes für Kundenbindung – »überall, von der Kindheit bis zum Ruhestand« – insbesondere in Partnerschaft mit mobilen Geräten. Er führte das Publikum entlang der digitalen Korridore von NFC (near field communication), die erfolgreiche Geschäftsergebnisse für Marken und Einzelhändler sowie erfolgreichen Einkauf und Markenengagement für Verbraucher liefern können. On-Pack-Promotions und Einladungen, sich mit einem Produkt zu verbinden, sorgen für eine verstärkte Kundenbindung – insbesondere im Vergleich zu herkömmlichen Werbe- und Werbeaktivitäten. Allerdings solle man QR-Codes nicht als Richtschnur sehen. »Nur 155 Benutzer von Smart Devices wissen, wie man richtig scanne«, sagte er, und »die QR-Codes sind hässlich«; und er zeigte, dass es viele andere kreative Kommunikationslösungen für das NFC-Scannen gebe.
Dinge anders machen
Das komplexe Geschäft der Vorbereitung des Produktionsprozesses wird heute durch die Verknüpfung von »Frontend«-Aktivitäten über digitale Arbeitsabläufe wesentlich vereinfacht und beschleunigt, wie Jeroen van Bauwel (B), Product Management Xeikon, aufzeigte. Gerade vor dem Hintergrund der heutigen Anforderungen durch kleinere Auflagen und kürzere Vorlaufzeiten werde die Rüstzeit zu einem großen Flaschenhals. Die Digitalisierung des Produktionsprozesses kann nicht nur die Kosten für Druckvorbereitung, Druckvorstufe und Produktionszeit (um mehr als 20%) senken, sondern auch zusätzliche Produktionskapazitäten schaffen, die Makulatur im Druck reduzieren und insgesamt Qualität verbessern. Ein papierloser Workflow – von der Auftragserfassung bis zur Rechnungsstellung – sei ein Hauptvorteil der digitalen Produktion, verbunden mit einem optimierten Farbmanagement; Substratstandardisierung und Auftragsgruppierung basierend auf Substrat; Hinzu komme das Hinzufügen von »Separator-Etiketten« zur besseren Integration in die Weiterverarbeitung auf der Druckmaschine.
Die Prinzipien der Workflow-Automatisierung wurden dann von Geert de Proost (B), Direktor Solutions Marketing Esko, ausführlich behandelt, der seine Arbeit als »Automationsmythen entlarven« bezeichnete. In einer Welt, in der die schnelle Markteinführung der Wunsch von Produktherstellern und deren Kunden ist, ist eine »großartige Verpackung« ebenfalls eine Schlüsselforderung. Es gibt eine Möglichkeit, wie der Etikettenkonverter diesen Traum wahr werden lässt, sagte de Proost: »Digitalisieren, automatisieren, verbinden« und erläuterte, wie die Produktion rationalisiert werden kann, damit die Etikettenhersteller die Anforderungen der Markeninhaber besser erfüllen und Vorteile im gesamten Produktionsprozess genießen könnten – ohne Kompromisse.
»Plötzlich ist Ihr Engpass nicht die Druckmaschine«, sagte Daragh Whelan (I), Prozessmanager Bobst, der die digitale Automatisierung für den Flexodruck angesichts der Herausforderungen auf dem Etikettenmarkt diskutierte. Bobst hat sich als Mitglied der REVO-Partnerschaft mit anderen führenden Zulieferern zusammengetan, um lebensfähige digitale Full-Circle-Lösungen anzubieten. Er zeigte, wie mit Digital UV-Flexo die REVO-Lösung eine große grafische Flexibilität in Bezug auf die erweiterte Farbraum-Technologie bietet. Es bietet auch erhebliche Verbesserungen gegenüber konventionellem Flexo in bezug auf minimalen Prozessabfall und Rüstzeiten – bei herkömmlichem Flexodruck von drei Stunden auf nur zehn Minuten.
»Akzeptieren, erstellen, investieren«
Marjolein Ekkelboom (NL), Global Marketing Manager MPS Systems, erklärte den Seminarteilnehmern kompromisslos, dass sie die Vorteile der Konnektivität akzeptieren, erstellen und in sie investieren sollten. Hardware und Software stehen zur Verfügung und können etliche Nutzen für das Kerngeschäft in Bezug auf eine erfolgreiche Geschäftszukunft liefern. Die Einnahmen aus IoT- und »Big Data«-Dienstleistungen werden bis 2020 EUR 300 Mrd. übersteigen – und das sei erst der Anfang.
Interaktive Workshops zur Problemlösung
Am Nachmittag bestand die Wahl von zwei parallelen interaktiven Workshops zu »Problemlösung« (troubleshooting) zu den wichtigsten aktuellen Szenarien bei der Etikettenverarbeitung, moderiert von De Ruyter Strategy.
John Hammond (UK), Verkaufsdirektor Nilpeter UK, leitete den Workshop über selbstklebende Mehrlagen-Etiketten und deren Konstruktion, der auf lebhaftes Interesse bei den Teilnehmern stiess. Aufgrund verschärfter regulatorischer Anforderungen in Bezug auf die Bereitstellung von vertieften Produktinformationen im Bereich Arzneimittel und OTC-Medikamenten sowie des allgemeinen Wunsches, nur ein einziges Etikett auf ein Produkt zu kleben, bieten Peel-and-Read-Etiketten Etikettendruckern exzellente Gelegenheiten, weil »Sie alle Probleme der Markeninhaber mit einer einzigen Lösung beseitigt haben«. Er erläuterte die Produktionsoptionen mit einer oder zwei Bahnen und kam zu dem Schluss, dass die Herstellung von Peel-and-Read-Etiketten in einem Arbeitsgang den Verarbeitern zusätzlich die Möglichkeit geben würde, diesen Vorteil auf den Markt zu bringen.
»Es macht Sinn …«
Nanette Thomas (DK), CEO und Gründerin von Synthogra, führte einen sehr lebhaften und positiven Workshop über »flexible Verpackungen und Sleeves« auf Schmalbahn-Druckmaschinen sowie traditionelle selbstklebende Etiketten. Sie ermutigte die Teilnehmer, sich mit dem Prozess der Einführung eines solchen Prozesses zu befassen – einschließlich der praktischen Produktionsherausforderungen und Fallstricke, des Kaufverhaltens der Markeninhaber und der Auswirkungen von Vorschriften zur Lebensmittelsicherheit. Sie zeigte, dass die flexible Verpackung und Sleeve-Label-Produktion für die heutigen Etikettenverarbeiter eine echte Chance darstellt, mit bestehenden Markeninhabern zusätzliche Marktanteile zu gewinnen und damit die Profitabilität zu steigern.
Moderator Paul de Ruijter (NL): »Flexible Verpackungen sind für die Etikettenindustrie sehr wichtig; sie stärken ihre Rolle bei den Markeninhabern … und sie können die Messlatte für die Branche höher legen – vom Druck von Sekundärverpackung in die Bereiche der Primärverpackungsproduktion.« Die Rolle der FINAT bei einer solchen Branchenentwicklung ist natürlich von zentraler Bedeutung.Farben, Tinten und Dekoration.
Bo Meyer (UK), UEI Falcontec, untersuchte die Oberflächenveredelung von Etiketten in Form von Folienveredelung – heiß oder kalt, Prägen oder Texturieren. Dies ist heute eine beliebte Wahl, um den Mehrwert von Etiketten für Produkte wie Wein sowie Anwendungen für Produktsicherheits/Authentifizierung zu erhöhen. Er legte die technischen Parameter für das Heißprägen – einschließlich Steuerung der Verweilzeit, des Drucks, der Temperatur, der Maschinengeschwindigkeit und der Wärmeleitung im Prägewerkzeug – sowie für die kalte Folienveredelung, hauptsächlich mit metallisierten Folien, die gegebenenfalls zum Erzielen des gewünschten Farbtons, überdruckt werden.
Dr. Heinz Schweiger (D), Zeller + Gmelin, referierte wie bei der Etikettenverarbeitung das Thema Farbmigration in Lebensmittel aus Etiketten und Verpackungen angesprochen werden kann. Die unternehmenseigene DirectCure Härtungstechnologie für spezielle UV-Farben könne mit einer reduzierten Anzahl von Fotoinitiatoren die EB-Härtung in solchen Anwendungen kosteneffektiv ersetzen.
Jonathan Sexton (F), Sun Chemicals, untersuchte die Eigenschaften aller heute üblichen Trocknungsverfahren für Druckfarben mit besonderem Fokus auf UV- und EB-Härtung. »Der Bedruckstoff ist nicht wirklich wichtig«, so seine Aussage, betonte aber, dass die Wahl eines Trocknungssystems sowohl für den analogen als auch für den digitalen Druck mehrere Kriterien erfüllen muss, um optimale Ergebnisse bei der Prozessoptimierung und der Druckqualität zu erzielen. »Sprechen Sie mit Ihren Lieferanten!« war seine Aufforderung an die Delegierten.
Nächstes Thema waren Lacke, die eine Vielzahl von Funktionen erfüllen – vom Oberflächenschutz bis zur visuellen Verbesserung des Drucks. Volker Michel (UK), Pulse Roll Label Products, diskutierte deren Chemie, Herstellung und Anwendungen und betrachtete die Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen – einschließlich der Anforderungen des Digitaldrucks; spezielle Oberflächen wie grobe Textur; Verweilzeiten Druck-zu-Härtung; und mögliche Kontamination von kationischen Systemen bei Peel & Read-Etiketten. Der Schlüssel zu einem erfolgreichen Endergebnis sei die Zusammenarbeit zwischen Farb-/Tinten- und Lacklieferanten, Rasterwalzen-Lieferanten, Repro-Unternehmen und Druckern, um die richtige Formulierung zu finden.
Raymond Lu (CN), General Manager Dragon Foils, ging intensiv auf das Thema Folienveredelung (kalt) ein. Er diskutierte Struktur, Technologie, Anwendungsmethoden und die derzeit aktiven Märkte für kalte Foliendekoration, die gegenüber der heißen Veredelung Einsparungen bei Zeit und Energie biete, allerdings bei reduzierten Farbintensität. Die Technologie wird heute in der ganzen Welt genutzt und bietet jetzt hochmoderne, kosteneffektive Folien für Digitaldruck, farbige Folien; und eine Vielzahl von holografischen Mustern.
Etikettenobermaterial
Beschichtete Bedruckstoffe die für den wasserbasierten Tintenstrahldruck für anspruchsvolle Endanwendungen wie Reifen und Chemiefässer nach BS5609 verwendet werden, stellte Dr. Axel Niemöller (D), Sihl, vor. Die Auswahl geeigneter Tinten und Medien ist nach wie vor der Schlüssel zum Erfolg. Der Bedruckstoff muss, so betonte er, eine Tintenstrahl-aufnahmefähige Oberfläche (hauptsächlich auf Folienbasis) aufweisen und die Endverwendung des Etiketts in Bezug auf Druck-Effektivität, Abriebfestigkeit und Druckbeständigkeit voll berücksichtigen.
Dr. Anil Gaikwad (IN), Leiter der F&E-Abteilung Cosmo Films, analysierte das Sortiment der BOPP-Etikettenfolien seines Unternehmens und beschrieb deren spezifische Eigenschaften, Herstellung und geeignete Etikettenanwendungen. Das Sortiment umfasst weiße kavitierte Folien, transparente Folien mit hoher Klarheit und synthetische Papiere; und auch hochglänzende metallisierte Folien, sowohl einseitig als auch zweiseitig beschichtet (beidseitig bedruckbar), als Ersatz für metallisierte Papiersubstrate.
In der letzten formellen Seminarpräsentation hatte FINAT-Präsident Chris Ellison (UK), Managing Director OPM Group (UK), die Herausforderungen und Fallstricke bei der Auswahl eines MIS-Systems untersucht und eine ausführliche »Anleitung« zur Auswahl, Installation, und Implementierung eines MIS-Systems, das für die Zuliefer- und Dienstleistungskette der Etikettenindustrie geeignet ist, skizziert. »Ein End-to-End System: Das ist der richtige Weg!« bestätigte er aus eigener Erfahrung und fügte hinzu, dass Systeme zwar großartig sind, Menschen aber Menschen mögen und unsere Kunden gerne mit uns sprechen!
»Ich denke, wir haben viel gelernt!«
Alex Knott (B), Dow Silicones, und Vorsitzender des FINAT-Unterausschusses für das Technische Seminar, brachte das Programm zum Abschluss, bedankte sich bei allen und fasste die Veranstaltung kurz zusammen: »Ich denke wir haben viel über bedeutende Veränderungen in unserer Branche gelernt« – eine Aussage, die die Seminarteilnehmern begeistert bestätigten. (Fotos: FINAT)