innoPRINT, HWTK Leipzig
Prof. Dr.-Ing. Lutz Engisch bei der Eröffnung der Tagung.

 

Drucken ist VIELfalt. Drucken ist MEHRwert. Auch innoPRINT Leipzig, die Nachfolgeveranstaltung des traditionellen Gutenberg-Symposiums, hat sich den Wandel in der Druckbranche zum Motto gemacht. Die große Anzahl der Besucher beweist, dass man durchaus bereit ist, dem neuen Format eine Chance zu geben. Dazu gehört unter anderem der Veranstaltungsort, der an den Campus der HTWK Leipzig verlegt wurde. Die Begrüßung übernahm Prof. Dr. Lutz Engisch (Institutsdirektor des iP³ Leipzig und Mitinitiator von innoPRINT Leipzig). Die Moderation ist in bewährter Weise bei Beatrix Genest, Sächsisches Institut für die Druckindustrie, verblieben.

innoPRINT, HWTK LeipzigUnterhaltsam und kurzweilig einerseits, hochspannend und interessant andererseits eröffnete Prof. Dr.-Ing. Edgar Dörsam (Technische Universität Darmstadt) die Vortragsrunde. Es sei ihm eine Freude und Ehre zugleich, nach Leipzig eingeladen worden zu sein. »Die Welt des Druckens – unbegrenzte Möglichkeiten; habe ich wirklich diesem Titel zugestimmt?« Auch wenn die Frage nicht ganz ernst gemeint war, fiel die Antwort der Zuhörer am Ende doch eindeutig aus: zum Glück ja. Denn Dörsams Ausführungen eröffnen neue Perspektiven, Denkansätze und Entwicklungspotenzial für die Druckindustrie.

Die Definition Drucken hat sich geändert. Stand noch vor Jahren die Informationsübertragung im Fokus, wird Drucken heute als Herstellungsprozess betrachtet, der weit mehr als Substratstrukturierung umfasst. Der umfassende Prozessgedanke schließt Handling, Logistik, Nachbearbeitung bzw. Weiterverarbeitung und vieles mehr ein. Die Substratbeschichtung selbst ist nicht das Problem, sondern genau dieses »Drumherum«. Druckverfahren und Druckmaschine stehen somit nicht mehr im Mittelpunkt der Drucktechnologien. Ebenso sind die klassischen Bedruckstoffe nicht mehr Dreh- und Angelpunkt der Betrachtung.

Rolf Possekel führte das Publikum durch einen Tag – gedruckt mit Koenig-&-Bauer-Maschinen. Morgens After Shave aus der Glasflasche, die Banknote beim Einkauf und der Chipsbeutel am Abend – ob Blech- oder Hohlkörperdruck, Sicherheits‑, Akzidenz- oder Verpackungsdruck – Koenig & Bauer hält für alle Anwendungen die richtige Maschinentechnik bereit. Aber auch hier steht die alleinige Farbübertragung längst nicht mehr im Fokus, sondern die umfassende Einbindung der Technik in einen vernetzten Gesamtprozess. Das funktioniere nur über Digitalisierung und beginne nicht erst am Wareneingangstor. Der Maschinenhersteller unterstützt vernetzt das Bedienpersonal bei Wartung und Fehlerdiagnose.

Podiumsdiskussion
Im zweiten Teil der Veranstaltung wurde das Thema Industrie 4.0 im Rahmen einer Podiumsdiskussion vertieft, zu der neben den beiden Referenten auch Prof. Dr.-Ing. Ulrike Herzau-Gerhardt (Professorin für Drucktechnik an der Fakultät Medien), Christian Heinrich (Salzland Druck) und Holger Fröbel (Fröbel Medientechnik) auf das Podium gebeten wurden.

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Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion Christian Heinrich, Holger Fröbel, Edgar Dörrsam, Ulrike Herzau-Gerhardt und Rolf Possekel (v. l.)

Nach Meinung der Diskutierenden bedeutet Industrie 4.0 Automatisierung, Abbildung aller relevanten Prozesse in der digitalen Welt und Optimierung der Fertigungskette. Von der realen Maschine existiere ein digitaler Zwilling. Allerdings ist die digitale Transformation eine große Herausforderung.

Die mit Digitalisierung und Vernetzung einhergehende Transparenz traf im Publikum nicht auf grundsätzliches Einverständnis und warf die Frage auf, ob sich der Maschinenhersteller wirklich in die Maschine beim Kunden einklicken muss, um Wartungshinweise zu geben. Die Organisation von Prozessen bedeutet zunächst Kenntnis aller Prozesse. Wie werden Prozesse definiert, in welcher Reihenfolge laufen Prozessschritte ab, wofür gibt es bereits Standards.

In der heterogenen Welt gelte es, Effizienz und Agilität zu kombinieren, so Fröbel. Diese heterogenen Strukturen seien in einem einzigen Standard kaum abzubilden. Zu klären sei zudem die Frage, wem die Daten gehören in einer stark vernetzten digitalen Welt, denn davon hängt ab, wer verantwortlich ist. Der Erfolg wird in Zukunft nicht dadurch bestimmt, wie gut ich drucken kann, sondern wie gut ich Prozesse managen kann. Mit dieser Aussage knüpfte Fröbel an den Kerngedanken des Vortrags von Dörsam an.

Abschließend wird die Frage nach der Vision »Druckerei 203« aufgeworfen. Heutzutage arbeiten in Druckereien oftmals nicht mehr als 20 Mitarbeiter, sie machen gegenwärtig rund 80% der Druckunternehmen aus. Einige – hochmodernisiert und automatisiert, hochindustriell organisiert, aber mit individuellen Strukturen – werden Monopolstellung erlangen. Von den jahrhundertelang geprägten Modellen heißt es sich zu lösen. Stattdessen gilt es, die Vielfalt der neuen Anwendungen im Fokus zu behalten. Kann man dabei noch von Druckerei sprechen oder gilt es, andere Bezeichnungen zu wählen? Drucken ist nur ein Glied in einer komplexen Prozesskette. Dafür sei kein klassischer Drucker mehr notwendig, aber zunehmend ingenieurtechnische Fachkenntnisse in Sensortechnik oder Informationstechnik.

Studenten und junge Absolventen berichten

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Referenten Rolf Possekel, Maximilian Kniese, Edgar Dörsam, Kilian Menzel und Paul Thorsch (v. l.) mit Moderatorin Beatrix Genest

Zum neuen Format der Veranstaltung gehört auch die Einbindung von Studenten und jungen Absolventen als Referenten.

Kilian Menzel schrieb seine Bachelorarbeit in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Oberflächenmodifizierung über spezielle Probleme im Tiefdruck. Er untersuchte die Fluidübertragung und betrachtete das Polymerverhalten beim Lasergravieren von Tiefdruckformen.

Paul Thorsch gab in seinen Ausführungen einen Überblick über Personalisierungstechnologien von polycarbonatbasierten Ausweiskarten. Untersuchungsgegenstand seiner Masterarbeit bei der Bundesdruckerei in Berlin war dabei die farbige Laserkennzeichnung.

Maximilian Kniese untersuchte in seiner Bachelorarbeit die Vorgehensweise bei der Erstellung von maßstabsgetreuen 3D-Daten für die dreidimensionale Reproduktion von Gebäudearchitekturen. Ziel ist die Erstellung eines 3D-Datensatzes aus Architekturdaten, der verschiedenen Ausgabekanälen zugeführt werden kann – seien es konventionelle Druckmaschinen, Plotter oder 3D-Drucker.

Der Termin der nächsten Tagung innoPRINT Leipzig steht auch schon fest: 10. November 2018. (Fotos: iP³)

www.ip3.htwk-leipzig.de

 

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