IPV Bis Ende März hatten die Mitgliedsunternehmen des Industrieverbands Papier- und Folienverpackungen Gelegenheit, sich an der diesjährigen Branchenumfrage zu beteiligen. Man kann zusammenfassend sagen: Vieles hat sich im Vergleich zu 2022 verändert. Rund 67% der Unternehmen klagen über einen spürbaren Umsatzrückgang. Man merkt, dass das Kaufverhalten sehr zurückhaltend ist. Großaufträge sind derzeit Mangelware, viele Kunden bedienen sich noch aus den größeren Lagerbeständen, die sie sich aus Vorsicht aufgebaut haben. Vor allem sind aber die gestiegenen Rohstoff-, Energie- und damit verbunden die Produktionskosten ein Hauptgrund für die Zurückhaltung. Gut 90% der Unternehmen sehen das so. Einen Rückgang der Kosten bei Papier – und etwas unklarer bei Kunststoff – wird von den Unternehmen erst in der 2. Jahreshälfte 2024 erwartet.
Die Rendite indes liegt bei den meisten Unternehmen höher als im Vorjahr, was sich aber vor allem aus den höheren Preisen für geringere Bestellmengen erklären lässt. IPV-Geschäftsführer Karsten Hunger zieht ein verhaltenes Resümee. „Wir merken, dass die Branche bei Investitionen und Einstellungen bereit ist, auf eine Veränderung der Konjunktur sofort zu reagieren. Aktuell steht man aber sicherheitshalber noch auf der Bremse. Viele Kunden haben auch noch ihre Lager gut gefüllt. Sie haben aus der globalen Störung der Logistikströme der vergangenen Jahre gelernt und ihre Bevorratung 2022 deutlich erhöht. Diese Lagerbestände bremsen aktuell das Neugeschäft. Unsere Mitglieder sind darauf allerdings vorbereitet. Es war klar, dass nach der Coronazeit erst einmal eine Normalisierung des Bedarfs im Markt stattfinden wird.«
Weniger Investitionen sind geplant
Die Strom- und Gaskosten stiegen bei den meisten Herstellern deutlich. Vor allem Strom wurde laut Befragung im Schnitt rund 3% teurer, bei einigen wenigen Unternehmen verteuerten sich die Strompreise sogar dreistellig. Ein guter Teil der Mehrkosten konnte allerdings weitergegeben werden. Die Branche ist bei energetischen Investitionen derzeit vorsichtig. 37,5% investieren aktuell in energetische Projekte. Das ist weniger als in den Vorjahren, allerdings ist zu berücksichtigen, dass ein großer Teil der Branche ihrer Verantwortung durch die bereits getätigten Investitionen im Bereich der energetischen Sanierung bereits nachgekommen ist. Vor allem in PV-Anlagen und in Blockheizkraftwerke wurde bzw. wird investiert. Dennoch: In der Übersicht aller Investitionen stellt man derzeit eine deutliche Zurückhaltung fest. 50% der Unternehmen kürzten im vergangenen Jahr ihre Investitionen. 2022 waren es gerade einmal 10%. Nur 11% erhöhten ihren Etat. Für 2024 planen etwas mehr als 20% der Mitglieder höhere Investitionen, allerdings wollen auch 56% ihren investiven Ausgaben reduzieren. Die Branche wartet ab.
Stimmung ist eingetrübt
Ein Grund dafür liegt vor allem in den Geschäftserwartungen. Nur 22% glauben an einer Verbesserung, mehr als 50% erwarten eine Verschlechterung. Im Vergleich zur letzten Befragung ist das ein deutliches Plus von 20%. IPV-Vorstandssprecher Jens Vonderheid analysiert entsprechend: »Die Stimmung in Deutschland hat sich eingetrübt. Aufgabe muss es sein, besser zu sein als die europäischen Mitbewerber. Insgesamt muss man aber auch die schlechten Rahmenbedingungen in Deutschland für eine globale Wettbewerbsfähigkeit beklagen. Das erschwert diesen Anspruch.«Festgemacht wird das in der Branche unter anderem an den Standortnachteilen, bei den Kosten und der geringen Inlandskonjunktur. Auch die Beratungs- und Bürokratiekosten steigen zunehmend.
Kritik wurde geäußert an der Wirtschafts- und Energiepolitik der Bundesregierung und vor allem an den Entscheidungen in Brüssel. Etliche Befragte sehen einen Wettbewerbsnachteil für Kunststoffprodukte in ihrem Sortiment durch den aktuell vorliegenden Kompromiss zur EU-Verpackungsverordnung (PPWR) nach den Trilogverhandlungen. Deshalb ist man als Branche gefordert, die Produktentwicklungen weiter voranzutreiben, denn die gesetzlichen Anforderungen für alle Materialien nehmen – auch weltweit – weiter zu. Recyclingpapiere und faserbasierte Lösungen spielen auch im Jahr 2024 eine starke Rolle bei den Produktinnovationen. Immerhin mehr als 30% geben eine starke Nachfrage nach diesen Produkten an. Die Branche ist mehrheitlich überzeugt, dass Recyclingfähigkeit und Umstellung auf nachwachsende Rohstoffe zur bestimmenden Aufgabe bei Verpackungen werden.
Fachkräftemangel (vorerst) nicht mehr drängendstes Problem
Verändert haben sich zudem die personellen Herausforderungen der Branche. Bei Fachkräften klagen deutlich weniger Unternehmen über einen Mangel (nur noch 11%, im Vorjahr waren es im Vergleich noch 40%). Gezielt wird aber nach qualitativen Personalergänzungen gesucht. Nur 22% der Mitgliedsunternehmen konnten oder wollten ihren Personalbestand erhöhen, in etwa gleicher Höhe meldeten Unternehmen jedoch einen Rückgang innerhalb der Belegschaft. Der Fachkräftemangel steht nicht mehr so stark im Fokus, wie in den letzten Jahren. Deutlich unzufriedener ist die Branche bei der Besetzung von Ausbildungsstellen. Die Hälfte der IPV-Mitgliedsunternehmen konnten nicht alle Stellen besetzen. Diese Entwicklung zeigt sich nun bereits seit vielen Jahren.
Befragt nach der Chance, personelle Vakanzen durch Zuwanderung zu sichern, reagiert die Branche zurückhaltend. In Teilbereichen ist das ein Lösungsansatz. Arbeitserlaubnisse, Sprachbarrieren und Aufenthaltsperspektiven machen aber noch große Probleme. Die Zusammenarbeit mit den Behörden wird als nicht immer einfach geschildert. Der Wunsch nach einer gezielten und qualifizierten Zuwanderung wird aus Reihen der Mitgliedsunternehmen geäußert. Zusätzliches Verbesserungspotential sehen die Mitglieder am Zugang zum Arbeitsmarkt. (Grafik: Pixabay © Mirko Grisendi)