IPV Die diesjährige Mitgliederversammlung stand unter den Vorzeichen großer Veränderungen für die Mitgliedsunternehmen. Geschäftsführer Karsten Hunger startete in die Jahrestagung aber erst einmal mit – zugegeben vor allem teuerungs- und inflationsbedingten – guten Zahlen für die Branchen in 2022. Der Umsatz stieg in allen Bereichen zweistellig, bei Papier-, Pappe-, Karton- und Folienverarbeitung auf EUR 22,8 Mrd. (+17,1%), bei der Kunststoffverarbeitung für Verpackungen auf EUR 18,2 Mrd. (+14,9%) und bei flexiblen Verpackungen auf EUR 2,4 Mrd. (+15,7%). Besonderer Ausreißer nach oben war der Spezialbereich Servietten. Hier stiegt der Produktionswert auf EUR 396,2 Mio. – ein Zuwachs von 49,8%. Nach den katastrophalen Rückgängen in der Corona-Pandemie gibt es hier steigende Nachfrage, die Produktionsmenge stieg signifikant um 26%.
Durch die Bank kann die Branche vordergründig mit dem abgelaufenen Jahr also zufrieden sein. Kopfschmerzen bereitet dann schon eher die Frage: Wer soll das in Zukunft eigentlich noch produzieren? Es fehlt schon jetzt an Mitarbeitern in den Betrieben und die »Boomer«-Generation nähert sich der Altersgrenze. Eine zentrale Zukunftsaufgabe ist daher die Behebung des aktuellen Arbeits- und Fachkräftemangel. Der Verband baut u.a. auch deshalb seine Personalressourcen in der Frankfurter Geschäftsstelle aus und wird zukünftig die regulatorischen und politischen Entwicklungen im Arbeitsmarkt sowie die Aus- und Fortbildung zu einem selbstständigen Aufgabenbereich zusammenlegen. Besonders erschwerend für den Verband sind die bürokratischen Hürden und Anforderungen der nationalen und europäischen Politik. Die laut geforderten Entbürokratisierungsbemühungen sehen die Mitgliedsunternehmen bislang nicht. Stattdessen nehmen die Aufgaben und Kosten weiter zu.
»Das wird ein kulturelles Umdenken der Verbraucher erfordern«
Die großen Themen sind die gerade vom EU-Parlament verabschiedeten Inhalte zur EU-Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWR), aber auch der Umgang mit dem Mindeststandard der Recyclingfähigkeit von Verpackungen sowie die Umsetzung der die Einwegkunststoffrichtlinie. Auf allen diesen Themenfelder ist der Verband im Sinne seiner Mitglieder tätig. So stellt der IPV einerseits Informationen für die die Politik bereit, leistet gleichzeitig Überzeugungsarbeit, dass hier praktikable und pragmatischere Lösungen gefunden werden müssen und erläutert andererseits die Auswirkungen seinen Mitgliedern. »Schaut man nur mal auf die geplante europäische Verpackungsverordnung, müssen alle Verpackungen recyclebar sein und das innerhalb von wenigen Jahren, voraussichtlich bis 2030. Bis 2035 müssen für diese in allen europäischen Ländern im großen Maßstab Recyclingkapazitäten vorliegen! Das sind große Aufgaben, die nicht nur ein kulturelles Umdenken der Verbraucher erfordern, sondern die Branchen zu grundlegenden Veränderungen in den Produktionen zwingen«, so der IPV-Vorstandssprecher Jens Vonderheid. Der IPV steht hierfür im engen Austausch mit den anderen Branchenverbänden auf nationaler und europäischer Ebene und gibt seinen Unternehmen inhaltliche Unterstützung. Zusätzlich wird durch die Bereitstellung von Sachinformationen unterstützend mitgewirkt, damit die genauen Regelungen in den EU-Ausschüssen überhaupt umsetzbar sind.
Deutliche Kritik an der geplanten Litteringabgabe
Ab dem kommenden Jahr gilt zudem eine erweiterte Herstellerverantwortung. Die Litteringabgabe soll verpflichtend für »To-Go«-Lebensmittelbehälter und Getränkebecher sowie Tüten und Folienverpackungen mit Lebensmittelinhalt für den Direktverzehr (»Wrappers«) erhoben werden. Mit den Entgelten soll die Verpackungsentsorgung in den Städten mitfinanziert werden. »Für die Entsorgung bestimmter Verpackungen zahlt der Bürger in einigen Städten zukünftig vier verschiedene Abgaben oder Steuern gleichzeitig. Es stellt sich klar die Frage ob das noch rechtskonform ist«, äußert sich Karsten Hunger verärgert.
Die Branche arbeitet bereits intensiv an neuen stärker recyclingfähigen flexiblen Verpackungen. Immer neue Produktinnovationen zeigen, dass man hier auf einem guten Weg ist, um den zukünftigen Anforderungen bei der Abfallreduzierung gerecht zu werden. »Man kann den Schalter nicht einfach umlegen. Die Entwicklungszeiten verlängern sich zunehmend aufgrund ständig wechselnder und teilweise widersprüchlicher Anforderungen, deren Inhalte zum Teil nicht nur sich selbst sondern den Zielen widersprechen. Der durchaus sinnvolle Veränderungsprozess kann unter diesen Bedingungen nicht von jetzt auf gleich umgesetzt werden«, erklärt Hunger. (Bildquelle: IPV)