IPV Die Reihen der Delegierten bei der diesjährigen Jahrestagung des Industrieverbands Papier- und Folienverpackung in Regensburg/D waren voll besetzt. Ein sichtbares Zeichen dafür, dass man den Schulterschluss sucht und sich austauschen will. Auch der Verpackungsbranche ist klar: Deutschland hat aktuell kein gutes Wirtschaftsmomentum. IPV-Geschäftsführer Karsten Hunger stellte dann im Rahmen des Rechenschaftsberichts auch mit einiger Ernüchterung fest: »Der Markt der flexiblen Verpackungen entwickelte sich ähnlich schwierig wie der Gesamtmarkt in Deutschland. Die gesamte Verpackungsbranche steht unter enormen Druck. Die sehr schwache Konjunktur sorgte in weiten Teilen für massive Rückgänge. Absatzimpulse blieben aus. Nach internen Schätzungen gehen wir für 2023 von einem deutlichen Umsatzrückgang von 8,1% aus. Im Papierbereich verzeichnen wir ein etwas besseres Ergebnis als im Kunststoffbereich.«
Gut EUR 2,2 Mrd. Umsatz erzielten die Mitgliedsunternehmen. Einzig die Zahlen der Hersteller von Tischdecken und Servietten aus Zellstoff blieben weitestgehend stabil. Aber auch hier sanken die Bestellmengen im Vergleich zum Vorjahr. Material- und Personalkosten blieben 2023 die wichtigsten Kostenblöcke. Rohstoffkosten sanken zwar, aber viele Unternehmen sitzen noch auf großen, teuer eingekauften Lagerbeständen. Das erschwert den Verkauf, da die höheren Kosten bei flauer Konjunktur nicht so einfach weitergegeben werden können. Bei den Personalkosten trieben vor allem Sonderzahlungen und die Lohnsteigerungen zum Ausgleich der gestiegenen Lebenshaltungskosten die Ausgaben spürbar nach oben.
Mittelständische Industrie ist Rückgrat der Wirtschaft
Der preisbereinigte Rückgang der Nachfrage aus dem Nahrungs- und Genussmittelsektor (minus 3,3%) ist der Hauptgrund für den geringen Gesamtabsatz. Dieser Sektor macht rund 80% des Umsatzes der IPV-Mitglieder aus. Auch der Wachstumsmotor der letzten Jahre, der Internet- und Versandhandel, musste zum zweiten Mal in Folge einen leichten Rückgang hinnehmen und konnte den Negativtrend nicht bremsen. Leider kommen auch politisch keine Impulse für die Verpackungsbranche. Im Gegenteil. »Man könnte jetzt ja hoffen, dass wenigsten die Politik einem den Rücken freihält. Aber allein die großen Probleme bei der Umsetzung der Europäischen Entwaldungsverordnung zeigen aktuell erneut, welches Problem uns gängelt: eine überbordende Bürokratie in allen Bereichen! Hier müssen endlich einmal positive Impulse gesetzt werden, wenn der Mittelstand das Rückgrat des deutschen Wachstums bleiben soll. Es braucht verlässliche und erfüllbare Vorgaben. Diese Signale vermissen wir. In Deutschland. Und in der EU.«, erklärt IPV-Vorstandssprecher Jens Vonderheid. Für ihn und Karsten Hunger ist der enge Austausch der Fachverbände und die Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene enorm wichtig, um sich in der Politik Gehör zu verschaffen. Gerade bei der Europäischen Verpackungsordnung (PPWR) hat sich die Vernetzung der Fachverbände als wertvoll erwiesen. So konnte 2023 der deutsche Alleingang zur erweiterten Mehrwegangebots- und Rücknahmepflicht sowie weitere Inverkehrbringungsverbote verhindert werden.
Rüdiger Hellwig neu im IPV-Vorstand
Auf der Jahrestagung stand auch eine Vorstandsnachwahl an. Die Versammlung wählte einstimmig Rüdiger Hellwig in den IPV-Vorstand, der damit wieder vollbesetzt ist. Hellwig ist Prokurist und Einkaufsdirektor bei Weber Verpackungen. Zu seiner Wahl erklärte er: »Gerade die Vernetzung der Verbände untereinander ist bei den Hürden, die die Politik uns auf die Bahn stellt, enorm wichtig. Deshalb habe ich mich bereit erklärt den Vorstand zu ergänzen. Was die Wirtschaft aktuell dringender denn je braucht, ist eine breite und laute Geschlossenheit der Branchenverbände. Daran will ich gerne mitarbeiten.« Rüdiger Hellwig arbeitet bereits seit vielen Jahren im WPV-Ausschuss PPK-Lebensmittelverpackungen und im IPV-Ausschuss Technik und Konformität aktiv dem Vorstand zu. Dem Vorstandsteam gehören neben Vonderheid und Hellwig zudem Mike Hartung, Carsten Gütt und Harald Schäfer an.
Von WWF bis AI
In die diesjährige Jahrestagung wurden auch mehrere Impulsvorträge eingebunden. Eingeleitet wurde die Vortragsveranstaltung von Laura Griestop, Senior Manager Sustainable Business and Markets beim WWF Deutschland, mit Ihrem Vortrag zum Thema Verpackungswende, in welchem Sie die WWF-Vorstellung einer „ambitionierten Circular Economy“ mit den Teilnehmern teilte. Auch wenn man in vielen Punkten unterschiedliche Auffassungen vertritt, stellte der WWF deutlich klar, dass Verpackungen eine unersetzliche Aufgabe erfüllen und daher grundsätzlich benötigt werden.
Vom Verband Die Papierindustrie konnte Maximilian Küster (Referent Rohstoffe und Kreislaufwirtschaft) begrüßt werden. Er gab einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen zum Thema EUDR. Seine Meinung: Auch wenn sich die Unternehmen auf den »worst case« einstellen müssen, so bestünde doch noch Hoffnung, dass in der jetzigen EU-Legislaturperiode ein Aufschub oder gar noch eine Änderung im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erzielt werden kann. Aktuell sind entscheidende Umsetzungsfragen der Verordnung noch nicht geklärt.
Robin Huesmann (CIO Leipa Group) gab im Anschluss einen Einblick in die Herausforderungen im Bereich Recycling von faserbasierten Verbundverpackungen. Er ging auf die Erwartungen der Verbraucher, die technischen Herausforderungen aber auch auf die einhergehenden notwendigen regulatorischen Änderungen ein. Viele Zukunftsaufgaben, so sein Fazit, müssen gleichzeitig und nicht nacheinander angegangen werden.
Abschließend referierte Dr. Meike Köhler (Comma Soft AG) über die Chancen und Risiken von AI in der fertigenden Industrie und gab den Teilnehmern Einblicke in niedrigschwellige Einstiegsmöglichkeiten bei diesem allgegenwärtigen Thema.
Insgesamt zeigten sich die Teilnehmer der Veranstaltung von den Vorträgen begeistert und lobten insbesondere die vielen unterschiedlichen und interessanten tieferen Eindrücken und Impulse, die durch die vier Referenten und die Veranstaltungsorganisation gegeben werden konnten. (Bildquelle: IPV)