Ende Januar veranstaltete die Giflex (Vereinigung der italienischen flexiblen Verpackungsdrucker) in Mailand/I eine Konferenz unter dem Titel »Die flexible Verpackung und die Wiederverwendung der Druckträger mittels einem wirtschaftlichen Kreislauf«. Die Thematik stiess auf großes Interesse, was das volle Auditorium von rund 200 Personen bewies. Nur ein kleiner Teil der Teilnehmer sind Converter, Flexo- oder Tiefdrucker. (Die Giflex hat 38 Mitgliedsfirmen – Tief-/Flexodrucker und Converter die rund zwei Drittel der flexiblen Verpackungen – 350 Mio. to jährlich herstellen; 55% davon werden exportiert werden.) – Helmut Mathes (helmut.mathes@alice.it) berichtet aus Mailand.
Vier Redner präsentierten detailliert die heutige Problematik im Verpackungsmarkt und die Zukunftslösungen; dies wurde in der anschliessenden Diskussion noch vertieft. Michele Guala (Präsident der Giflex und Inhaber der Guala Pack Group in Piacenza/I), eröffnete die Vorträge und betonte die Dringlichkeit, die Umweltbelastung durch Plastikabfälle von Verpackungen zu reduzieren respektive zu eliminieren – durch Sammlung und Recycling der Druckträger. Die Weltmeere werden durch die Plastikbeutel und Verpackungsreste verschmutzt die auf dem Festland hergestellt werden, wobei 80% davon durch die 10 grössten Flüsse ins Meer gespült werden. Das Problem seien nicht die Druckträger sondern deren Entsorgung, vor allem in Asien. Dass hier dringend etwas getan werden müsse sei allen bewusst, die große Mehrheit aber befinde sich in Wartestellung.
Strategie zu Einwegverpackungen
Dario Dainelli (EuPC European Plastic Converter Association) sprach über die Strategie des einmaligen Einsatzes von Plastikmaterialien – also Einwegverpackungen. 84% der Plastikabfälle die an den europäischen Stränden landen sind Tragetaschen, Drinkhalme, Schalen, Getränkeflaschen, Deckel, Verschlusskapseln, Einwickler und Bestecke etc. Ab 2025 ist die Produktion von Essensbehältern, Becher, Tassen, Bestecke aus Plastik drastisch zu drosseln; ab diesem Datum müssen 77% aller Plastikprodukte nach Gebrauch gesammelt und recycelt werden. Ab 2029 müssen 90% aller Getränkeflaschen getrennt gesammelt und recycelt werden, wobei man auch Gebühren dafür im Verkaufspreis einbauen könnte.
Es sollen weitgehend Monomaterial-Druckträger eingesetzt werden, die in einem geschlossenen Kreislauf für die gleichen oder ähnliche Produkte eingesetzt werden. Materialien auf Biomasse sind einzusetzen, die Beimischung von Mikroplastik wird verboten. Über Etiketten werde informiert, ob bio-degradable oder kompostierbares Plastik. In den Seehäfen werde man Sammelstellen für seegängige Plastikverpackungen einrichten.
Europa arbeitet an einem weltweiten Standard; nach den Europawahlen im Mai 2019 werden restriktive Umweltgesetze erlassen, die von 2021 bis 2029 schrittweise nationale und weltweite Gültigkeit haben werden. Es werde spezielle Gesetze für allgemeine Verpackungen geben, gewisse Polymere und Materialen werden verboten, neue Vorschriften für die Verpackungsgestaltung wird es geben – so müssen Einweggetränkeverpackungen mit Deckeln oder Verschlüssen ausgestattet sein, die Teil der Verpackung sind. Der Anteil an recyceltem Material muss ab 2025 bei PET-Flaschen 25% betragen und ab 2030 über 30% liegen. Hierbei ist zu beachten, dass die Richtlinien schon weitgehend festliegen – zu Beginn werde viel versprochen und gefordert, aber weniger realisiert werde – aber bei jeder neuen Verpackungsentwicklung sei die Umweltbelastung seriös zu bedenken. Drucker und Converter müssen sich auf EU-Harmonisierung, EU-Standards und strengere ECO Gestaltung der Verpackungen einstellen und vor allem auf eine größere Transparenz und Rückverfolgbarkeit der recycelten Materialien achten. Wichtig sei es auch, die Verbraucher zu einem sorgfältigeren Umgang mit den Verpackungsabfall zu bewegen.
Sammlung und Wiederverwertung von Verpackungsmaterialien
Luca Stramare (Corepla – Italienisches Konsortium für Sammlung und Wiederverwertung von Verpackungsmaterialien) sprach über das Leben einer flexiblen Verpackung, da heute nicht alle Verpackungsmaterialien recycelbar sind. Eine Verpackung informiere über das Produkt und schütze deren Inhalt – vom Hersteller bis zum Endverbraucher. Die Verpackung sei zumeist praktisch und ist auch ein Werbemedium. Der Verbraucher wisse oft wenig über Verpackungen und die Vorteile die sie biete; aber er wisse alles über den Abfall. Fazit: es gibt zu viele unnütze Verpackungen. In Italien besteht, wie in Westeuropa, die differenzierte Sammlung der Verpackungsabfälle. Die Regierung, Provinzen und Städte kontrollierten dies, und die Verbraucher unterstützten und befolgten diese Bemühungen weitgehend.
Corepla vereint die Sammelstellen der differenzierten Sammlung und die Recyclinganlagen, wo der Abfall entweder recycelt werde und als Frischmaterial auf den Markt zurückfliesse oder zur Energiegewinnung verbrannt werde. Hierbei sei es wichtig, dass der Materialfluss konstant bleibe und die Differenzierung bei der Sammlung ausgedehnt werde. Corepla sammelte 2017 in Italien 1.074.000 to Plastikabfälle, das sind 17,7 kg pro Einwohner (7,5 kg in Sizilien, 24,9 kg im Piemont). In 1998 waren es erst 110.000 to (1,5 kg pro Einwohner).
Das größte Problem sei die Trennung der Abfälle auf den Transportbändern (sie laufen mit 3 m/s) in wiederwertbares Material für das Recycling bzw. in Abfall, der verbrannt wird. Der Abfall erzeugt beim Verbrennen Energie; das recycelte Material ergibt frischen Rohstoff. Der Plastikabfall besteht aus flexiblem und steifem Material – Flaschen und Behälter aus PET oder HDPE (transparent oder gefärbt), Folien bis Format A3 und Mischfolien. Die steifen Behälter aus PET, PVC oder PS werden verbrannt oder zermahlen als Zementbeimischung oder Brennstoff für die Stadtwerke zur Wärmeerzeugung. Der zermahlene, gewaschene und ausgeschwemmte Plastikabfall dient zur Herstellung von geschäumten Polymerkugeln und Pellets, oder wird zum chemischen Recycling weitergeleitet.
Gewisse Polymerverpackungen sind nicht recycelbar, weil sie aus verschiedenen Folien zusammenlaminiert wurden, mit nichtablösbaren Etiketten und Klebstoffen behaftet sind, ode rSchutz- und Trennbarrierefolien enthalten, sowie Verschlüsse und Versiegelungen, Metallbeschichtungen, Lacke und Druckfarben oder gefährliche Inhaltsreste enthielten. In 2017 wurde in Italien 43,5% der gesamten Plastikverpackungen recycelt – 27% davon von Corepla. Das EU-Ziel sind 55% im Jahr 2030.
Kreislauf flexibler Verpackungsmaterialien
Sana Mosora (Ceflex – European Consortium of Companies and Associations of the entire chain of flexible packaging circular economy) sprach über den Kreislauf flexibler Verpackungsmaterialien. Rund 120 Firmen sind Mitglieder des Konsortiums – vom Material- und Folienhersteller, Drucker und Converter, Markeninhaber, Sammler und Recycler zum Zulieferer und Endkunden.
Ceflex steht für Materalkreislauf – Hersteller, Verwender, Abfallsammlung, Sortieren, Recycling und Wiederverwendung als neues Rohmaterial anstelle des vormaligen Einwegsystems. Entscheidend dabei sei, dass 100% des Abfalls gesammelt, sortiert und in festgelegten Mengen und Qualitäten recycelt werde, wobei dies in einem wirtschaftlichen und umweltfreundlichen Rahmen erfolgen müsse. Treibende Kräfte hinter dem Kreislauf sind die Ellen MacArthur Foundation und die Europäische Kommission (beide seit 2018 aktiv) sowie die Ceflex (seit 2016). Man setzte sich zum Ziel, dass im Jahre 2030 in Europa 100% aller Plastikmaterialien aus Verpackungen recycelt und wiederverwendet werden. Dies sei mit einem effizenten Abfallsammelsystem möglich, wobei auch eine verbesserte Verpackungsgestaltung hilfreich sei. Der Einsatz von geschäumtem Polystyrol für Behälter, Teller, Becher, usw wird verboten, Behälter für kurzfristige Lagerung oder Transport von Lebensmitteln (Fastfood und Takeaway-Gastronomie) werden durch eine Kostenbeteiligung der Käufer rigoros reduziert.
Im Jahre 2025 werde europaweit 55% der Plastikverpackungen recycelt (2018: 22%). In Deutschland werden es in 2022 schon 63% sein (2018: 58,5%), in England sollen es 70% in 2030 sein. Der gesamte Verpackungsmarkt in Europa beläuft sich auf 84 Mio. to; davon sind 20 Mio. Plastikverpackungen, plus 4 Mio. to Plastikverpackungen die direkt auf der Deponie landen. Etwa 3 Mio. to sind flexible Verpackungen aus Mono-Materialien (z.B. PE, PP) und können technisch recycelt werden in Folien-Flakes. Etwa 1 Mio. to sind Multimaterial-Folien (PE, PP, PA, PET, Aluminium, Papier), die heute in Öfen oder zur Energiegewinnung verbrannt werden. Dabei kann Aluminium durch Pyrolyse ausgesondert werden. Dieses Kombimaterial kann auf chemischen Wege zu neuem Rohstoff recycelt werden.
Dies ist jedoch komplex und teuer, und wird derzeit vor allem in England, Deutschland, Frankreich und Holland praktiziert. 60–70% der flexiblen Verpackungen entfallen auf Lebensmittel; hier dürfe dieses Recyclingmaterial derzeit nicht eingesetzt werden, wenn ein Direktkontakt zum Inhalt stattfinde. Da diese Mengen für allgemeine Verpackungen zu gross sind, müssen eventuell neue Anwendungen gefunden werden. Ceflex will, dass 80% der flexiblen Verpackungen mit Recyclingmaterial hergestellt werden. Deshalb müsse das chemische Recyclingverfahren schnellstmöglich verbessert und ausgeweitet werden; dazu hofft man mit der Unterstützung der Industrieverbände.
Wirtschaftlicher Kreislauf von Kunststoffmaterialien
Astrid Palmieri (BASF) sprach über wirtschaftlichen Materialkreislauf. Jährlich werde 78 Mio. to Plastikmaterial für Verpackungen verbraucht; 98% des Frischmaterials wird bedruckt bzw. verarbeitet, 40% landen auf den Müllhalden, 32% versickern in der Umwelt und 14% werden zur Energiegewinnung verbrannt. 14% werden gesammelt, wobei 4% beim Recycling verloren gehen, 8% werden in neues Rohmaterial recycelt und 2% fliessen in geschlossenem Umlaufkreis zurück in die Produktion.
2014 wurden 311 Mio. to Plastikmaterial produziert; in 2050 werden es 1124 Mio. to sein. Das Verhältnis Fisch in den Weltmeeren zu Plastikmaterial lag in 2014 bei 1.5, für 2050 werde es bei 1:1 liegen – falls sich nichts Grundlegendes ändere. 2014 entfielen 6% des Rohölverbrauchs auf die Herstellung von Kunststoff, in 2050 wird mit 20% gerechnet.
Die neue Allianz zur Lösung des Plastikabfallproblems (Alliance to End Plastic Waste) (Meldung vom 19. Januar 2019) besteht heute aus rund 30 Industriekonzernen, die in den nächsten 5 Jahren rund USD 1 Mrd. investieren wollen, um das Problem zu lösen. Hersteller, Verkäufer, Bearbeiter, Sammler und Recycler von Kunststoff sind die Partner im »World Business Council of Sustainable Development«. Sie wollen mit diversen Projekten eine Strategie erstellen, um die Abfallentsorgung in die Umwelt zu beenden. Das Schwergewicht liege in Südostasien mit den vier Industriesegmenten Automotiv, Elektronik, Konstruktionen und Verpackungen.
Die größten Abfallmengen kommen vom Verpackungssektor, wo heute 39% recycelt werden. Europa will in 2025 55% erreichen – dabei werden höhere Werte im Bereich Papier, Metall und Glas angestrebt. BASF hat für Lebensmittel und Obst die kompostierbaren Ecovio-Beutel und Epotal SP 101DS-Folien entwickelt. Der Konzern arbeitet bereits mit chemischem Recycling »Chem Cycling« in Pionieranlagen, welche gemischte Plastikabfälle, die bisher auf der Müllkippe landeten, in frisches Rohmaterial recyceln.
Diskussion
Bei der abschliessenden Diskussion wurde klar, dass all diese Pläne und Absichten nur funktionieren, wenn alle am gleichen Strang ziehen. Man wisse aus Erfahrung, dass es etwa 3 Jahre dauere bis der Markt auf Neues reagiere. Es gebe leider nur 2 Triebkräfte die Neuerungen und Veränderungen beschleunigen können: die Wirtschaftlichkeit und die Politik der Regierungen. Die Technik passe sich stets an. Dabei sei aber nicht zu vergessen, dass durch Verpackungen Lebensmittelabfälle um 30–60% reduziert werden. (Foto: Giflex)
〉 www.giflex.it
〉 www.plasticsconverters.eu
〉 www.corepla.org
〉 www.ceflex.eu
〉 www.ellenmacarthurfoundation.org
〉 www.endplasticwaste.org
〉 www.wbcsd.org