Gallus Labelfire, Veredelung,
Druckmuster der Digitale Embellishment Unit (DEU) der Steinemann DPE mit großflächigen Spotlackierungen, Spotlackierung mit Darstellung feiner Elemente und Simulation eines Drip-off-Effekts im Spotlack. (Quellle: Steinemann DPE)

 

Dieter Finna (Eine englische Fassung finden Sie hier)

Die Möglichkeit, Etiketten und Faltschachteln auf derselben Druckmaschine zu produzieren, versetzt Etikettendrucker in die Lage, ihr Produkt-Portfolio zu erweitern. Die »Carton-Edition« der digitalen Gallus Labelfire überwindet – so lässt sich nach zwei Jahren Praxiserfahrung zusammenfassen – die bisherigen Verfahrensgrenzen dieser Anwendungen im Schmalbahndruck. Die Investition in ein hybrides Drucksystem bedeutet für Converter aber auch neue Wege zu gehen, Vorreiter zu sein in einer smarten Dienstleistungsindustrie.

 

Immer schneller werdende Innovationszyklen und eine immer kürzere Time-to-Market erhöhen bei Markeninhabern die Anzahl regionaler Produkte als auch die Anzahl der Varianten für Testmärkte. Trends, mit denen sich Etiketten- und Verpackungsdrucker tagtäglich auseinandersetzen und nach Lösungen für Märkte suchen, in der Reaktionsschnelligkeit von besonderer Bedeutung ist.

Unter der Prämisse Agilität und Reaktionsschnelligkeit wundert es nicht, dass es ein digitales Converting System ist, das eine verfahrensübergreifende Lösung für Etiketten- und Faltschachteldruck bietet. Die Gallus Labelfire mit »Carton Kit« nutzt dafür die Stärken des Digitaldrucks und ist zusätzlich mit optimierten analogen und digitalen Verfahren des Inline-Finishings ausgestattet.

Die Maschinenausstattung
Zu den Ausstattungsmerkmalen der Maschinenkonfiguration gehört eine Faserbrecheinrichtung für Karton und eine Korona-Vorbehandlung für Etikettenmaterialien. Für den wesentlich höheren Bahnzug von Kartonmaterialien ist die Druckmaschine versteift, d.h. die Module, auf denen sich jeweils zwei Druckeinheiten befinden, sind mit Stahllaschen verspannt. Sämtliche Umlenkrollen sind beschichtet und auf maximalen Durchmesser ausgelegt. Auch an eine Kombitrocknung aus UV- und Heißluft wurde gedacht, für den Einsatz von Hybrid-Effekt-Lacken auf einer für UV-Farben ausgelegten Maschine.

Die vorhandenen Flexodruckwerke kommen im Wesentlichen für formatlose Anwendungen wie Primern, Lackieren oder nicht digital produzierbare Spezialeffekte zum Einsatz. Auf der Digitaldruckeinheit mit acht UV-Farbwerken (Weiß + CMYK + GOV) lassen sich farbige Abbildungen im erweiterten Farbraum sowie variable Daten drucken.

Gallus Labelfire, Veredelung,
Etiketten und Faltschachtelen im Bereich Personal Care sind hochwertig mit Folienprägung, Matt- und Glanzlack veredelt. (Quelle: pack.consult)

Metallic-Effekte werden durch digital überdruckte kalte Folienveredelung in allen Farbtönen erzielt. Eine weitere Besonderheit des Converting-Systems ist die Digital Embellishment Unit (DEU) von Steinemann DPE am Ende der Verarbeitungslinie. Sie dient zum digitalen Auftrag von Spotlackierungen mit Glanz- und Mattlack und – ganz neu – dem Erzielen haptischer Effekte. Auftragsmengen von 20 g/m2 lassen sich auftragen, was einer Lackstärke von 20 μm entspricht, ohne dass dieser Prozess die  Druckgeschwindigkeit von 70 m/Min. einschränkt. Sogar ein bis zu 50 µm starker Lackauftrag ist möglich, mit Abstrichen in der Geschwindigkeit.

Bei der Stanztechnik besteht die Möglichkeit, zwischen einer semi-oder vollrotativen Stanzeinheit zu wählen, wobei die maximale Geschwindigkeitsausnutzung eine Rotationsstanze bedingt.

Erweiterte Chargenproduktion
Ein Vergleich von Auflagenhöhen konventionell und digital gedruckter Etiketten der FINAT aus dem Jahr 2015 zeigt, dass die Auflagenhöhe im Digitaldruck im Untersuchungszeitraum durchschnittlich bei 13% von konventionellen Auflagenhöhen lag. Das heißt, ein konventioneller Auftrag entsprach sechs Aufträgen im Digitaldruck, in kleinere Losgrößen aufgeteilt. Bei kleinen Auflagenhöhen spielt natürlich die Wechsel-Effizienz zwischen den Aufträgen eine besondere Bedeutung. Diese steht im Digitaldruck außer Frage.

Ein digitales Converting System kann deshalb besonders gut den Vorteil einer Extended Batch Produktion nutzen. Bei dieser Produktionsweise ändert sich nur das Drucksujet; die Veredelungseffekte, Substrat und Stanzform bleiben gleich. Das versetzt den Digitaldruck in die Lage, ohne zusätzlich Rüstaufwände unterschiedliche Varianten in kleineren Auflagen zu drucken.

Zielmärkte
Die Gallus Labelfire als »Carton Edition« kommt aktuell im Tabakwaren-Markt zum Einsatz. Die farbigen Abbildungen der verschiedenen Varianten einer Verpackung werden im Digitaldruck gedruckt. Die Druckveredelung mit metallischen Effekten erfolgt durch kalte Folienveredelung und digitalen Überdruck oder UV-Flexodruck. Dieser hochveredelte Genusswaren-Markt treibt die Entwicklung des digitalen Converting-Systems weiter voran mit dem Ziel, in einem komplett digitalen End-to-End Prozess zu fertigen. Bereits jetzt werden in diesem Markt mit der Digital Embellishment Unit von Steinemann DPE inline faszinierende und außergewöhnliche Ergebnisse bei Lackanwendungen sowie haptischen Effekten erzielt, die bislang nur durch einen separaten Arbeitsschritt erreicht werden konnten.

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Etiketten im Bereich Personal Care besitzen einen hohen Anspruch auf Farbgleichheit (Quelle: pack.consult)

Ein äußerst interessanter Zielmarkt der »Carton-Edition« ist Health & Beauty Care, speziell im Bereich Körperpflege. In diesem Marktsegment haben Etiketten und Faltschachteln eine hohe Veredelungsstufe und die Auflagenhöhe als auch die Größe der Faltschachteln passen sehr gut zu einem digitalen Converting-System mit einer Druckbreite von 340 mm. Nach einem Substratwechsel können auf der Maschine auch die benötigten Etiketten für die Primärverpackungen gedruckt werden.

Das trifft auch auf den Bereich Kosmetik und Parfüm zu, in dem Etiketten und Faltschachteln durch Lacke aufwendig veredelt werden. Mit einer hybriden Etikettendruckmaschine wie der Gallus Labelfire können im konventionellen Bereich Hybridlacke mit Sandpapiereffekt oder Softtouch-Lacke, die einen samtigen, gummiartigen oder weichen Griff in der Haptik vermitteln, aufgetragen werden. Metallic-Effekte unterstreichen die Exklusivität der Verpackung. Auch in diesem Segment wäre es von Vorteil, Etiketten und Faltschachteln auf derselben Maschine zu produzieren, da über das integrierte Colour Management höchste Anforderungen an die Farbgleichheit von Etiketten und Faltschachteln gestellt werden.

»Beauty muss sowohl am Point of Sale als auch im Internet niveauvoll und zugleich unterhaltsam inszeniert werden.«
Martin Ruppmann, Geschaftsfuhrer VKE-Kosmetikverband im Vorwort zu Personal Care 2020

Von den Verpackungsabmessungen und Auflagengrößen aus betrachtet zählt auch das Segment Pharma zu den Zielmärkten dieser hybriden Druckmaschine. Durch die hohe physische Auflösung der Digitaldruckeinheit von 1200 × 1200 dpi bei einer Tröpfchengröße von 2 pl sind kleine Zeichen und Buchstaben sowie feine Linien und Farbverläufe bis auf null Prozent reproduzierbar. Das Colour Management sorgt für farbliche Konsistenz bei hohen qualitativen Anforderungen im Bereich Pharma.

In naher Zukunft lässt sich auch der Bereich Süßwaren zu den Zielmärkten zählen. Für diesen Bereich sind neue UV-Farbrezepturen für Lebensmittelverpackungen in der Entwicklung, wodurch auch dieses Segment mittelfristig in Potential-Betrachtungen einbezogen werden kann. 

Kosten vs Nutzen
Digital hergestellte Produkte sind nicht preiswerter. Wo liegt ihr Mehrwert?

Alle genannten Marktsegmente haben gemein, dass die Designvarianten ihrer Produkte von einer hohen Schnelllebigkeit geprägt sind. Diese Fast Moving Consumer Goods (FMCG) sind darauf angewiesen, ihren Markenauftritt stets neu zu inszenieren. Bei der Einführung neuer Produkte in diese Märkte geht es mitunter darum, eine mögliche Lieferunfähigkeit zu vermeiden. Dafür nehmen Markenhersteller eine Überproduktion an Verpackungsmaterial in Kauf, da sich in dieser Phase das Verbraucherverhalten und damit die erforderliche Auflagenhöhe hinsichtlich des neuen Produkts nur schwer abschätzen lassen.

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Ebenso geeignet, das Marktsegment Pharma. Es stellt hohe Anforderungen an das Colour Management und die Druckqualität. (Quelle: pack.consult)

Geringster Lagerbestand bzw. auch »Zero Stock« ist heute ein Weg, den Markenhersteller gehen, in dem sie nur so viel Verpackungsmaterial ordern, wie gerade für die Kampagnen benötigt wird. Werden Designvarianten getestet und eine Variante läuft besonders gut, sind Markenhersteller darauf angewiesen, dass kurzfristig nachproduziert werden kann, besonders dann, wenn das Marktverhalten des Endverbrauchers schwankend ist. Kosten für Einlagern und Auslagern, Lagerhüter oder nicht benutzte und zu vernichtende Restbestände an Verpackungsmaterial werden so weitgehend reduziert oder ganz vermieden. Unter diesen Gesichtspunkten ist die Produktion von Verpackungsmaterial im Digitaldruck, speziell kleiner bis mittlerer Auflagen, wirtschaftlich durchaus interessant.

Smarte Lösungen in der Dienstleistung
Die Entwicklung einer hybriden Etikettendruckmaschine explizit für den Faltschachteldruck zu einem Converting System mit den aufgezeigten Ausstattungsmerkmalen ist von der Praxis getrieben. Konkret gesagt seitens eines Markenartiklers, der zielstrebig das Ziel verfolgt, alle Möglichkeiten des digitalen Faltschachteldrucks für seine Supply Chain auszuloten. Die Ergebnisse im Tabakwaren-Markt zeigen, dass das hybride Drucksystem Gallus Labelfire seinen Reifetest im Faltschachtelbereich bestanden hat. Nun steht der Weg in weitere Märkte offen, vor allem in die Segmente Personal Health & Care und Pharma.

Ein enormer Vorteil bei der Adressierung weiterer Marktsegmente ist, dass die Gallus Labelfire mit »Carton Kit« auf ein Converting System aufbaut, das sich bereits im Etiketten-Markt bewährt hat. Die Versionserweiterung ist ein Zugewinn an Einsatzmöglichkeiten und bietet Etikettendruckern und Konvertern die Chance, eine Vorreiterrolle einzunehmen – Etiketten und Faltschachteln aus einer Hand, schnell und zuverlässig auf einer Maschine gedruckt, in kleinen bis mittleren Auflagen. Dies deckt sich mit den Marktanforderungen von Markenherstellern und erfüllt auch das Ziel geringster Lagerbestand.

Die Suche nach weiteren Entwicklungen im Digitaldruck und digitalen Finishing für eine komplett digitale Lösung steht jedoch nicht still. Das macht die Entwicklung in diesen Bereichen so spannend.

 

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