Wie Bobst und seine Industriepartner bei neuen Verbundstoffen aus Monomaterialien mit hoher Barrierewirkung als umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Kunststoffverpackungen Pionierarbeit leisten.
Vielleicht charakterisiert nichts unsere konsumgetriebene Gesellschaft der vergangenen Jahrzehnte besser als Kunststoffe. Ihr Produktionsvolumen verzeichnete seit den 1950er Jahren ein enormes Wachstum, das stark von der Verpackungsbranche getrieben wurde. Derzeit produzieren wir pro Jahr eine stolze Menge von 300 Mio. to Kunststoffe. Aber wir wissen, dass die Eigenschaften – Vielseitigkeit, Haltbarkeit und Undurchlässigkeit – von Kunststoffen, dank derer sie so geeignet für die Verpackungsherstellung sind, sie gleichzeitig sehr umweltschädlich machen. Sie sind nicht biologisch abbaubar und stellen für das Recycling eine Herausforderung dar.
Zunehmend alarmierende Prognosen zu den Umweltschäden haben in den letzten Jahren unsere Einstellung und unseren Fokus verändert. Umweltfreundliche Alternativen zu Kunststoffen sind für Unternehmen nicht mehr nur »nett zu haben«, sondern haben essentielle Bedeutung gewonnen. Tatsächlich fordern große Markenartikelhersteller – PepsiCo, Unilever, Nestlé, Mars, Coca Cola, um nur einige zu nennen – von ihren Lieferanten, dass sie bis 2025 Verpackungen liefern, die zu 100% wiederverwendbar, recycelbar oder kompostierbar sind.
»In den vergangenen zwei Jahren hat ein starker Umdenkprozess eingesetzt«, so Eric Pavone, Business Development Director im Bobst-Geschäftsbereich Web-fed. »Wir haben bereits den Wendepunkt überschritten. Das Bewusstsein der Dringlichkeit, der politische Wille, die Ressourcen – das alles ist jetzt vorhanden. Die Verpackungsindustrie ist an vorderster Stelle im Begriff, Alternativen zur Realität werden zu lassen. Der in kurzer Zeit mit Innovationen erzielte Fortschritt ist bemerkenswert.«
Alternativen zu Kunststoffen zu finden, ist eine schwierige Aufgabe. Das gilt insbesondere für Lebensmittelverpackungen, bei denen eine hohe Barrierewirkung gegenüber Sauerstoff und Wasser ein absolutes Muss ist. Jede Alternative muss im Hinblick auf die Haltbarkeit, den Schutz, die Vielseitigkeit und die Kosten gleiche Eigenschaften aufweisen – und gleichzeitig optisch attraktiv für die Konsumenten sein. Auch die Variabilität der flexiblen Kunststoffverpackungen – unter anderem Standbodenbeutel, Tüten, Folien, Säcke, Liner und Banderolen – zählt zu den Herausforderungen. Sie bestehen in aller Regel aus verschiedenen Lagen unterschiedlicher Arten von Folien.
»Bei Kunststoff handelt es sich nicht um ein einziges Material. Vielmehr gibt es viele Varianten, und die meisten flexiblen Verpackungen sind Kombinationen aus ihnen. Wenn wir davon sprechen, Kunststoffe zu ersetzen, sprechen wir derzeit davon, eine breite Palette verschiedener Verbundstoffe einschließlich PET (Polyethylenterephthalat), Aluminiumfolien, PVC und PA (Polyamid) zu ersetzen. Und sie alle bieten unterschiedliche Vorteile für verschiedene Arten von Verpackungen. Es ist nicht leicht, Alternativen mit hoher Barrierewirkung zu finden, die nur aus einem Polymer statt aus mehreren bestehen. Aber wir glauben, dass wir hier auf dem Weg zum Durchbruch sind«, so Pavone.
Ein Wendepunkt für unsere Ozeane?
Da die Kombination verschiedener Polymere das Recycling von Kunststoffen so schwierig macht, lautet das ultimative Ziel, funktionale Monopolymermaterialien zu entwickeln. Doch traditionell sind Monopolymere weniger leistungsfähig als Multipolymermaterialien. Und selbst wenn brauchbare Monopolymere gefunden werden, müssen sie über die gesamte Wertschöpfungskette der Verpackungsbranche hinweg mit der gleichen Maschineneffizienz produziert und weiterverarbeitet werden können.
Auf der Fachmesse K 2019 der Kunststoff- und Gummiindustrie haben Bobst und mehrere Industriepartner gemeinsam präsentiert, was sie als Wendepunkt betrachten – neuentwickelte Monomaterial-Verbundstoffe, die sich recyceln lassen.
Bei dem Projekt wurde mit verschiedenen Monomaterial-Verbundstoffen mit hoher Barrierewirkung gearbeitet. Jedes dieser Materialien wurde sorgfältig getestet, um sicherzustellen, dass sie alle Anforderungen der Industrie im Hinblick auf Verarbeitbarkeit, die Barrierewirkung, die Sicherheit und die optische Qualität erfüllen. Die verschiedenen Arten der auf der Messe gezeigten Standbodenbeutel aus Monomaterialien – in Maschinenrichtung orientiertes Polyethylen (MDO), biaxial orientiertes Polyethylene (BOPE), biaxial orientiertes Polypropylen (BOPP) und Cast Polypropylen (CPP) – sind die Ergebnisse enormer Investitionen sowie intensiver Forschung und Entwicklung der Partnerunternehmen.
»Wir haben auf der K 2019 eine enorm positive Resonanz auf unsere neuen Monomaterial-Verbundstoffe mit hoher Barrierewirkung bekommen«, erklärt Eric Pavone. »Nachhaltigkeit ist heute für so viele Unternehmen eindeutig ein Fokus in ihrem Handeln – und jetzt, wo wir beginnen, geeignete Lösungen zu präsentieren, wächst die Begeisterung. Aber wir wissen, dass es eine Reise ist.«
Eine Partnerschaft, die echte Fortschritte ermöglicht
Die Entwicklung dieser neuen Monomaterial-Verbundstoffe mit hoher Barrierewirkung ist dank der Industriepartnerschaft einiger der führenden Innovatoren in diesem Bereich möglich geworden. Bobst zählt zu den weltweit führenden Lieferanten von Ausrüstungen für die Herstellung von Bedruckstoffen, für den Druck und die Weiterverarbeitung sowie von Services in den Bereichen Etiketten, flexible Verpackungen, Faltschachteln und Verpackungen aus Wellpappe. Das Unternehmen hat seine Competence Center für hochwirksame Barrierelösungen, Druck und Kaschierung zur Verfügung gestellt, um die Eignung der neuen Materialien über den gesamten Produktionsprozess hinweg zu testen.
Zu den anderen, am Projekt beteiligten Partnern zählen Dow, ein Lieferant von PE-Granulaten für den ersten Schritt der Produktionskette, Brückner Maschinenbau für die Herstellung biaxial verstreckter polypropylen- und polyolefin-basierter Folien, Hosokawa Alpine für die Herstellung von MDO-Polyethylen (LDPE), Elba für die Weiterverarbeitung der fertigen Rollen zu Beuteln und Constantia Flexibles für die Herstellung metallisierter Standbodenbeutel aus LDPE mit hoher Barrierewirkung.
Über seine topmodernen Competence Center hinaus hat Bobst sein Praxis-Know-how rund um die Metallisierung und transparenter Beschichtungen eingebracht. Der Einsatz neuer Monomaterial-Verbundstoffe mit hoher Barrierewirkung erforderte einen angepassten Metallisierungsprozess, um die Verarbeitbarkeit der Materialien zu verbessern. Hinsichtlich der Verbesserung der Metallisierung und der Transparentbeschichtungstechnik hat Bobst Pionierarbeit geleistet, um die Verarbeitung von Monopolymermaterialien zu ermöglichen.
»Aus unserer Sicht verfügen wir über umfassendes Praxiswissen, um zu diesem Vorhaben einen entscheidenden Beitrag zu leisten. Aber wir wollten diese Partnerschaft etablieren, weil es Sinn macht, unser Know-how zu teilen. Wir haben hier mit einer der drängendsten Herausforderungen zu tun, der die Welt heute gegenübersteht. Deshalb gibt es nicht die Zeit, die Dinge alleine zu tun und auszuprobieren. Indem wir die besten Köpfe zusammenbringen, machen wir schnell echte Fortschritte. Wir wollen diese Materialien jetzt auf eine höhere Ebene heben und mit ihrer Herstellung im industriellen Stil beginnen.«
Sind wir auf dem Weg zu Verpackungen, die bis 2025 zu 100% wiederverwendbar, recycelbar oder kompostierbar sind?
»Die auf der K 2019 präsentierten Monomaterial-Verbundstoffe mit hoher Barrierewirkung stellen einen entscheidenden Durchbruch dar. Aber wir müssen noch mehrere Stufen durchschreiten, bis diese Materialien im großen Stil eingesetzt werden können«, stellt Eric Pavone fest. »Auf der diesjährigen interpack und drupa werden Bobst und seine Industriepartner die nächsten wichtigen Schritte ankündigen – einschließlich PLA-(Polylactide) und Papierverpackungsmaterialien mit hoher Barrierewirkung, die uns unserem Ziel einen Schritt näher bringen.«
Kurzfristig stellen Monomaterial-Verbundstoffe aus Polypropylen (PP) mit hoher Barrierewirkung gewissermaßen eine »niedrig hängende Frucht« dar, da sie bereits weltweit für industrielle Einsätze verfügbar sind. LDPE, MDO und BOPE bieten hinsichtlich ihres Recyclings größere Potenziale, aber sie erfordern nach wie vor enorme Forschungs- und Entwicklungsarbeit sowie hohe Investitionen, um sie zu industriell einsetzbaren Lösungen zu machen. Aber angesichts der enormen Investitionen, die in die Forschung und Entwicklung dieser Materialien fließen, zeigt sich die Industrie hier zuversichtlich.
»Wir sind auf dem richtigen Weg, wiederverwendbare, recycelbare Biofolien oder Papiere als Alternative zur herkömmlichen, nicht recycelbaren flexiblen Verpackungsmaterialien zu entwickeln, die sich in den nächsten Jahren im industriellen Maßstab herstellen lassen«, so Eric Pavone. »Noch vor wenigen Jahren wäre das kaum vorstellbar gewesen, aber Bobst und seine Industriepartner lassen es Realität werden. Wir sind sehr zuversichtlich, dass die Industrie und die Umwelt von unserer Arbeit letztlich stark profitieren werden.« (Fotos: Bobst)