RadTEch Europe, Strahlenhärtung

 

Ann Hirst-Smith

Die Migration von Bestandteilen von Verpackungsmaterialien in Lebensmittel ist sicherlich kein neues Problemfeld für Verpackungsdrucker, Markeninhaber und Co-Packer, aber sie stellt nach wie vor einen Bereich dar, der hinsichtlich Gesundheit und Sicherheit weltweit von Bedeutung ist. Mit der Erweiterung der breiten Basis von Verpackungen und der Erweiterung der Druckverfahren für solche Verpackungen wird es immer schwieriger, die Sicherheit im Verpackungsdruck für Lebensmittel zu überwachen und zu kontrollieren. Die Situation ist noch komplexer, da es kein harmonisiertes EU-Recht für Druckfarben und keine gemeinsam vereinbarten Methoden zur Risikobewertung gibt. Dies gilt auch für UV/EB-vernetzte Druckfarben, obwohl die EuPIA (Europeam Printing Ink Association – Verband der europäischen Druckfarbenindustrie) und die Schweizerische Verordnung eine solide und anerkannte Richtlinie für alle Arten von Druckfarben und Lebensmittelverpackungslacken bieten. Selbstklebende und gummierte Etiketten, In-Mould-Labels, flexible Verpackungen und sogar der Direktdruck auf Behälter stellen alle sehr unterschiedliche Wege dar, um das gleiche Endergebnis zu erzielen, und alle werden in der Welt der Lebensmittelverpackungen eingesetzt.

 

RadTech Europe untersucht die aktuelle Agenda
Das zweijährliche Food Packaging Seminar von RadTech Europe (25. Oktober 2018, Stuttgart/D) versammelte ein kompetentes Publikum, das die hochkomplexe Lieferkette – Rohstoff- und Farbhersteller, Verarbeiter, Markeninhaber – repräsentiert, die die heutige Verpackungsdruckindustrie repräsentiert. RadTech Europe (RTE) konzentriert sich seit mehreren Jahren auf Herausforderungen und Möglichkeiten der Lebensmittelsicherheit und genießt einen guten Ruf für die sachliche Berichterstattung sowie für die Vordenkerrolle in diesem Bereich. Das Seminar, das von RTE-Generalsekretär Mark Macaré und Paul Kelly (Univar Ltd) vorgestellt und moderiert wurde, konzentrierte sich darauf, wie die gesamte Wertschöpfungskette der Lebensmittelverpackung von dem schnellhärtenden und VOC-armen Druck der UV/EB- und LED-UV-Technologien profitieren kann. Auf der Tagesordnung standen Fachvorträge mit Podiumsdiskussionen und Frage-Runden mit den Delegierten.

Überprüfung der Chemie
Die Seminaragenda umfasste alle wichtigen Themen. Luc de Waele (Allnex, einer der weltweit führenden Hersteller von industriellen Lackharzen und Additiven) untersuchte die relevante Chemie und stellte Aktivitäten der UV- und EB-Harzproduktion vor, die Strahlenhärtung für Lebensmittelverpackungen durch neue spezielle Chemikalienqualitäten, die Einhaltung der EU-Chemikalienverordnung REACH und die Beschaffenheit der heute gängigen Substrate für Lebensmittelverpackungen in Partnerschaft mit den aktuellen Drucktechnologien unterstützen. Schließlich sind Druckfarben für Materialien mit Lebensmittelkontakt ein echtes Wachstumsfeld für strahlenhärtbare Harze.

Risikomanagement
Wie Manfred Hoffmann (Amcor Flexibles EMEA) treffend bemerkte: »Produktsicherheit bedeutet proaktives Risikomanagement«. Insbesondere für Verpackungsverarbeiter zeigte er, wie sein Unternehmen dies erreicht mit einem aktiven, tiefgreifenden Programm zur Analyse und Prozesskontrolle von UV- und EB-härtenden Systemen, das gleichzeitig die Sicherheit der Lieferkette, die sehr niedrigen Migrationsgrenzwerte von Acrylaten und Initiatoren und natürlich die neuen Drucktechnologien berücksichtigen muss.

»Denken wie ein Lebensmittelunternehmen«
Natürlich liegt es in erster Linie in der Verantwortung der Markeninhaber, die Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten. Dr. Amaury Patin (Schweizer Forschungszentrum von Nestlé) erläuterte den Seminarteilnehmern das sehr umfassende und vielbeachtete System von Nestlé und gab einen umfassenden Überblick über den multidisziplinären Ansatz von Nestlé in Bezug auf die Sicherheit von Lebensmittelverpackungen.

Mit über 2000 Produkten – alle in bedruckten Verpackungen – und über 400 Fabriken in 85 Ländern ist die gründliche Analyse und Kontrolle der Qualität – sowohl quantitativ (z.B. bei der Migration) als auch qualitativ (in Bezug auf die Einhaltung etablierter Normen und Vorschriften) – von größter Bedeutung. Sie ist auch kostspielig und herausfordernd. Das Fehlen internationaler und harmonisierter Vorschriften und die komplexen und »oft zerbrechlichen« Lieferketten veranlassten Nestlé, Standards für Materialien in Kontakt mit Lebensmitteln zu schaffen. Diese Norm enthält die Nestlé-Leitlinie für Verpackungsdruckfarben, die alle zwei Jahre aktualisiert wird. Diese »Nestle Guidance« ist heute fast der Leitfaden für Hersteller von lebensmittelechten Verpackungen. Nestlé setzt sich auch dafür ein, nicht-recycelbare Kunststoffe und nicht-nachhaltige Materialkombinationen für Verpackungen zu beseitigen, um bis 2025 zu 100% recycelbare oder wiederverwendbare Verpackungen zu erreichen. Wie Dr. Patin den Seminarteilnehmern riet, lohnt es sich, »wie ein Lebensmittelunternehmen zu denken«.

Aktualisierung der Gesetzgebung
Dr. Martin Klatt (BASF und Vorsitzender von RTE HSE) gab einen Überblick über die Entwicklungen in der europäischen Gesetzgebung für Lebensmittelkontakt. Angesichts des derzeitigen Fehlens einer harmonisierten Gesetzgebung für Druckfarben riet er dem Publikum, sich auf die EG-Rahmenverordnung 1935/2004 und die Good Manufacturing Verordnung EC 2023/2006 zu verlassen. Darüber hinaus riet er, die Schweizer Verordnung, die EuPIA-Richtlinien für Druckfarben und die freiwilligen Stewardship-Richtlinien wichtiger Markeninhaber wie Nestlé zu verwenden. Er fügte hinzu, dass Cefic und die EZV wertvolle Richtlinien für die Risikobewertung liefern, einschließlich moderner Instrumente wie dem Konzept der »Threshold of Toxicological Concern« (TTC – Schwellenwert der toxikologischen Bedenken). Diese helfen Herstellern und nachgeschalteten Anwendern von Materialien mit Lebensmittelkontakt in der Wertschöpfungskette der Verpackung, die notwendigen und oft komplexen Komponentenprüfungen und Risikobewertungen durchzuführen.

RadTEch Europe, StrahlenhärtungInitiativen der Verpackungsdruckfarbenindustrie
Dieser hilfreichen Übersicht folgte ein Überblick über die Position der »Packaging Ink Joint Industry Task Force« (PIJITF) zu geplanten EU-Maßnahmen für bedruckte Lebensmittelkontaktmaterialien. Dr. Nick Ivory (Sun Chemical und Vorsitzender der EuPIA-Arbeitsgruppe für Energiehärtung) skizzierte die aktuelle und unharmonische regulatorische Situation der Branche. Der PIJITF repräsentiert die gesamte Wertschöpfungskette vom Rohstoffhersteller für Farben und Tinten bis zum Lebensmittelunternehmer – eine beeindruckende Aulistung führender Anbieter aus der breitgestaffelten Verpackungsindustrie. Der Vorschlag der Task Force für eine Verordnung in Bezug auf Druckfarbenschichten – einschließlich derjenigen auf Kunststoffmaterialien für Lebensmittelkontakt – unabhängig davon, ob sie direkt mit Lebensmitteln in Berührung kommen oder nicht – stellt eine Gelegenheit dar, eine rasche Umsetzung eines Systems zu erreichen, das den derzeitigen bewährten Praktiken und Vorschriften entspricht, und stellt sicher, dass die Grenzwerte für die Migration von Stoffen auf toxikologischer Bewertung und nicht nur auf Standardgrenzwerten basieren.

EuPIA erwägt die Entwicklung einer Datenbank, um eine gemeinsame Grundlage für die Risikobewertung zu schaffen. Die Lieferanten von Fotoinitiatoren streben die Gründung eines globalen Handelsverbandes an. Dr. Ivory fügte während der Fragerunde, angesichts einer sich ändernden/entwickelnden Drucktechnologiebasis, hinzu: »Wir müssen Farben und Tinten entwickeln, die funktionieren«.

Vorteile von UV-Flexo
Im Mittelpunkt dieser sich wandelnden und weiterentwickelnden Drucktechnologie steht der Flexodruck. Wie Federico d’Annunzio (Bobst) zeigte, ist es ein Verfahren, bei dem Strahlenhärtung begeistert angenommen wurde. Als Leiter der Abteilung für flexible Materialien erläuterte er die Vorteile des inline UV-Flexodrucks für schmale und mittelbreite Bahnen für ein breites Spektrum von Verpackungsarten – von Linerless-Etiketten, Nassleimaufklebern und Haft-Etiketten zu Kartons, Standbodenbeuteln und Sleeve-Etiketten. Die digitale UV-Flexotechnologie ist die neueste Entwicklung im Drucksaal und kombiniert eine höhere Produktivität mit Hilfe von LED-UV-Lampen mit der einfachen Wartung und Sicherheit von EB-Lampen.

Federico d’Annunzio definierte die »digitale Flexorevolution« als eine erfolgreiche Kombination aus UV-Flexodruck mit digitaler Automatisierung und »natürlich« den Vorteilen eines erweiterten Farbraums. Mit einer Auswahl von Fallbeispielen unterstrich er die Vielseitigkeit des Prozesses und schloss seine Präsentation mit einem interessanten Vergleich der Gemeinsamkeiten und Unterschiede von digitalem Flexodruck und Digitaldruck.

Strahlenhärtung und Inkjet
Die Agenda ging in die »digitale Arena« mit einem ganzheitlichen Ansatz für UV-Inkjet von Steve Knight (Digital Direct Technologies). Für den Inkjet-Prozess sagte er, dass »verschiedene technische und wissenschaftliche Disziplinen mit unterschiedlichem Vokabular kommunizieren«. Diese Prozesse reichen von Physik und Chemie über Ingenieurwesen, Elektronik, Software, Oberflächenwissenschaften und Anwendungstechnik. Er untersuchte eingehend die Anforderungen für eine vollständige Tintenhärtung, von der Software bis zur Druckkopfkalibrierung, die das »Rezept« für qualitativ hochwertige und konsistente Ergebnisse sind.

UVFoodSafe
Abgerundet wurde die formelle Agenda für den Tag durch die Vorstellung von UVFoodSafe, einer neuen und hochrelevanten Brancheninitiative, die unter dem Dach des internationalen Etiketenverbandes FINAT in Zusammenarbeit mit RadTech Europe entwickelt wurde. Die Vision ist direkt und auf den Punkt gebracht: »Vertrauen der Endverbraucher- und Konvertergemeinden in die Verwendung von UV-Druck in Lebensmittelverpackungen und Etiketten zu schaffen, durch Aufklärung und Bereitstellung anwendungsspezifischer ›Best Practices‹, die eine konsistente Lieferung von konformem Druckerzeugnissen in den Markt ermöglichen«.

Jonathan Sexton (Vorsitzender des Lenkungsausschusses UVFoodSafe) stellte das Programm und die beiden Start-up-Arbeitsgruppen – Prozess und Druck – vor. UVFoodSafe rekrutiert aktiv Mitglieder für diese Arbeitsgruppen entlang der gesamten Lieferkette der Industrie; das RadTech Europe-Seminar war eine gute Gelegenheit, die Teilnehmer entlang der gesamten Wertschöpfungskette dafür zu interessieren. Zu den Mitgliedsorganisationen gehören bereits große Hersteller von Druckmaschinen, Druckfarben und Lampensystemen, Materialhersteller und -verarbeiter sowie FINAT und RadTech Europe. Um zu ernsthaften konkreten Maßnahmen überzugehen, sind noch mehr Teilnehmer erforderlich, die bereit sind, Zeit für diese wertvolle Initiative aufzuwenden. Das erste Ziel ist die Quantifizierung und Kommunikation der Ergebnisse rechtzeitig zur Labelexpo Europe 2019.

Zeit, darüber zu reden
Die Seminarteilnehmer hatten dann die Gelegenheit, eine Networking-Sitzung am frühen Abend zu geniessen und über die sehr positive Gesamtbotschaft des Seminars nachzudenken: Dass die Strahlenhärtung viel zur lebensmittelechten Verpackung und Kennzeichnung beiträgt und dass die Wertschöpfungskette der Industrie daran arbeitet, dies zu beweisen und die gesamte Rechtsgrundlage im Zusammenhang mit der Kontamination von lebensmittelechten Drucken zu stärken. (Foto: RadTech Europe)

www.radtech-europe.com

 

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