AWA Alexander Watson, Release Liner

 

Ann Hirst-Smith

Das jährliche Branchen-Update zum Thema Release Liner für Selbstklebe-Etiketten wurde dieses Jahr von AWA Alexander Watson Associates in Brüssel in Zusammenarbeit mit Tarsus während der Labelexpo Europe durchgeführt. An zwei ausführlichen Nachmittagssitzungen – so konnten die  Teilnehmer auch die Messe besuchen – präsentierten Referenten führender Unternehmen aus der gesamten Lieferkette in Sitzung 1 einen Überblick über Markttrends und Anwendungen, und in  Sitzung 2 eine Bewertung von Nachhaltigkeits- und Recycling-Erfolge und Herausforderungen.

Der Etikettenmarkt
Corey Reardon (President und CEO, AWA) eröffnete die Konferenz mit einem Überblick über den weltweiten Markt für Label-Release-Liner. Selbstklebe-Etiketten halten immer noch einen Anteil von 40% am gesamten Etikettenmarkt; die Trägermaterialien (Release Liner) die einen Anteil von 49% an der weltweiten Verwendung von Release Liner ausmacht, wächst weiterhin um 4% pro Jahr. Die Verwendung von Release Liner für Klebebänder, medizinische und industrielle Anwendungen wächst jedoch sehr viel schneller. Reardon unterstrich die Tatsache, dass Selbstklebe-Etiketten zweifellos ein besserer Ausgangspunkt für die wachsende Basis intelligenter Etikettentechnologien als andere Etikettiersysteme sind und stellte auch einige Herausforderungen heraus: das wachsende Interesse an Linerless-Etikettierung und an Direct-to-Container Digitaldruck; sowie Recycling und Nachhaltigkeit.

AWA Alexander Watson, Release Liner
Links: Der globale Release Liner Markt in 2016 nach Region. Rechts: Der globale Release Liner Markt in 2016 nach Marktsegment. (Grafiken: AWA)

Trenn-Beschichtungen
Im Anschluss ging Kathrin Federkiel (Market Manager, Wacker Chemie) auf die Besonderheiten von Trends und Anwendungen bei Trenn-Beschichtung ein. Sie untersuchte die Trends in der Drucktechnologie, bei der Druckdruck mit Toner und Inkjet jetzt eine aktive Rolle spielen. Die Segmente Transport und Logistik bzw. VDP (Druck variabler Daten) sind heute ein sehr wichtiger Etikettenmarkt; hier haben neue Anforderungen an die Thermoempfindlichkeit die Entwicklung neuer Silikonsysteme vorangetrieben, so Federkiel. Andere Etikettenmärkte haben den Bedarf an schnelleren Vernetzern erhöht, um einen breiteren Bereich von Papiereigenschaften und Änderungen in der Katalysatorverwendung zu erfüllen.

Zurück in die Zukunft
Sean Duffy (Global Business Manager, Silcolease Release Coatings, Elkem Silicones) nutzte die Gelegenheit, um sowohl historische als auch künftige Perspektiven auf die Industrie der Release Liner bzw. Etikettenindustrie zu betrachten. Er verglich Materialien und Märkte für Etiketten zwischen 2004 und 2016 und hob steigende Kosten, technologische Probleme, die Suche nach Innovation, Konsolidierung, regulatorische Anforderungen und die Diversifizierung von Convertern in andere Bereiche (neben Selbstklebe-Etiketten) hervor. Die uns heute umgebende globalen Megatrends hätten anderer Schwerpunkte in der Etiketten-Arena– »unsere kleine klebrige Welt« – geschaffen.

Silikontrends
Alexander Knott (TS&D-Spezialist, Dow Corning) referiert über Trends bei Silikonen für Selbstklebe-Etiketten. Die wichtigsten Markttreiber von heute – Nachhaltigkeit, durch Kostenkontrolle gesteuerte Innovationen und neue Anwendungen, die Trennbeschichtungen erfordern – leiten die Industrie in eine Reihe von Richtungen. Kurz gesagt: es gibt Bedarf an »flachen« Release Liner-Profilen für schnellere Verarbeitungs- und Etikettiergeschwindigkeiten; reduzierte Platinabhängigkeit; dünnere Materialien sowie die Verwendung von dünneren/weniger raffinierten Papieren als Trägermaterial; Folien Liner für Clear-on-Clear Etiketten und der Einsatz von wärmeempfindlichen Substraten wachsen; der zunehmende Einsatz von Digitaldrucks. Parallel dazu nimmt der Einsatz von Liner für Lebensmittel/Backwaren in Europa stark zu.

Inhouse-Hybrid-Laminieren
Toine Prudon (Vertriebsleiter International) und Sjoerd Jansen (Technischer Ingenieur, beide Maan Engineering BV – Hersteller von Release- und Klebstoffbeschichtungsanlagen) widmeten sich dem Thema Linerless-Etiketten und den Vorteilen der hybriden Inhouse-Laminierung, die die Produktion von beidem – Linerless-Etiketten und Haftverbund – auf nur einer Maschine. Die Linerless-Technologie wächst derzeit weltweit um 3,3% und hat eine definierbare Zukunft in der Lebensmittel- und Getränkeverpackung; Gebrauchsgüter und Logistik; sowie pharmazeutische Bedarfsartikel gefunden – und sie bietet auch Nachhaltigkeitsvorteile. Eigene Laminierung, so die Referenten, biete Flexibilität bei reduzierten Kosten; die Fähigkeit, spezielle Laminate für bestimmte Anwendungen zu beschichten; und hochwertiges Linerless Material.

Konverter-Vorteile
Isidore Leiser (CEO Stratus Packaging) gab einen aufschlussreichen Überblick über die Vorteile von Release Liner für einen Converter und Etikettenanwender. Selbstklebe-Etiketten können mit 22.000 Etiketten/h gespendet werden – viel schneller als In-Mould- oder Sleeve-Etiketten. Einige Converter bringen sogar Liner auf nichtklebende Produkte auf, um die möglichen Spendegeschwindigkeiten zu erhöhen. Während die verfügbaren Optionen es den Verarbeitern ermöglichen, flexibel in der Etikettenproduktion und -qualität zu sein, »betrachten die meisten unserer Kunden nur Kostenvorteile«, kommentierte Leiser und fügte hinzu, dass Endverbraucher auch an dem relativ geringen Problem der umweltverträglichen Entsorgung von verbrauchten Liner nicht wirklich interessiert sind, da es keine/kaum Kostenvorteile gebe. Die Produktion von Liner-basierten Etiketten hat heute einen viel geringeren Anteil am Geschäft von Stratus Packaging als noch vor 35 Jahren, biete aber dennoch einen echten Mehrwert als »Teil der Lösung für einige Anwendungen«.

Das große Thema, die große Frage
AWA; Corey ReardonCorey Reardon’s Schlussbemerkung am Ende des ersten Tages des Seminars war eine treffende Einführung in die Themen des folgenden Tages: »Eines Tages, wenn die anderen Abfallprobleme gelöst sind, wird Release-Liner ein Problem für Markeninhaber werden«. Am nächsten Tag eröffnete er die Sitzung über »Nachhaltigkeit und Recycling von Etiketten-Liner« mit der Aussage, dass dieses Thema – so glaub er »in den nächsten zehn Jahren eines der letzten Probleme sein werde – und wenn es um Recycling im Etikettensegment gehe, man nicht nur über ein Liner-Substrat spreche«. AWAs fundierte Branchenkenntnisse ermöglichen es Corey Reardon, die Probleme zu lokalisieren und die Agenda festzulegen.

RecuLiner
RecuLiner ist eine patentierte globale, nachhaltige Lösung für eine echte Wiederverwendung (Second Life) von gebrauchten Release Linern. Eric van Pottelbergh (Generaldirektor der Erfinderfirma) erklärte, das RecuLiner-Konzept basiere auf Trockenschliff von papierbasiertem Liner, meist ohne Entfernen von Silikon, und unter Verwendung vorhandener Maschinen-Ausstattung. Das resultierende Material wird gegenwärtig zur Wärme- und Schallisolierung in Gebäuden und im Gartenbau als Bodenverbesserer zur Aufrechterhaltung des Feuchtigkeitsgleichgewichts und der Nährstoffspeicherung verwendet, es gäbe aber natürlich viele andere mögliche Endverbraucherbereiche, bei denen solche Materialeigenschaften nützlich seien. Van Pottelbergh umriss die Richtlinien des Unternehmens für die weitere Entwicklung und lud zu Kooperationen und Partnerschaften –  lokal und regional – durch Lizenz- und Patentverkäufe ein. Für die Zukunft schlug er ein kooperatives Geschäftsmodell vor, das die gesamte Wertschöpfungskette der Etiketten abdeckt. (Meldung vom 9. November 2016)

Silikone
Nachhaltige (sustainable), sichere und einfache (simple) Silikonlösungen (silicone solutions) waren die fünf S-Worte, die Sébastien Marrot (Technischer Vertriebsleiter, Silkease Release Coatings, Elkem Silicones) erörterte. Seine eingehende Untersuchung des breiten Kontexts, in dem Silikone eingesetzt werden, lieferte zahlreiche Hinweise auf Innovationen sowohl bei Produkten als auch bei Prozessen – einschließlich nachhaltiger, lösemittelfreier thermischer und lösemittelfreier UV-Härtungslösungen. Silikone, so fasste er zusammen, tragen zu den Nachhaltigkeitsinitiativen bei, indem sie Emissionen von Treibhausgas auf allen Produktions- und Nutzungsstufen reduzieren, Energieeffizienz verbessern; Effizienz der Rohstoffausnutzung erhöhen; und Produktlebenszyklen verlängern.

Globale Aktivitäten bei Etikettenabfall
»Wir waren Pioniere in der Etikettenbranche und hoffen, dies auch weiterhin zu sein«, lautete das stolze Statement von Warren Lloyd (Global Procuremment Director for Materials, Avery Dennison). Das Unternehmen hat ein starkes Profil im Umweltbereich, das es aktiv in Form einer Reihe von Nachhaltigkeitszielen verfolgt, die sowohl Produkte und Geschäftsfunktionen als auch eine breite Marktpräsenz und ein lebhaftes Programm laufender Aktivitäten umfassen, das die weitergefasste Lieferkette einbezieht. Avery Dennison hat kürzlich eine Forschungsstudie von AWA Alexander Watson Associates in Auftrag gegeben, die sich mit den aktuellen Recycling- und Wiederverwertungspraktiken von Trägermaterial- und Matrixabfällen auf der ganzen Welt befasst. So soll ein detailliertes Bild der verfügbaren Entsorgungs-/Recyclinglösungen in den verschiedenen Ländern und Regionen entstehen – von der Deponierung über die Verbrennung zur Energiegewinnung bis zum Second-Life-Recycling.

Umwelttreiber der Etikettenindustrie
Die sozialen, wirtschaftlichen und regulatorischen Einflussfaktoren auf die Entwicklung von Release-Liner wurden von Mikko Rissanen (Business Development Director, UPM Speciality Papers – ein weiterer wichtiger Akteur bei der Nachhaltigkeit in der Papierindustrie) untersucht. Die heutige Kreislaufwirtschaft erfordere die Vermeidung von Abfall, Wiederverwendung von Material und Produkten; Ersatz fossiler Brennstoffe und Rohstoffe durch erneuerbare Alternativen; und Mehrwert durch »intelligente« Lösungen. Diese Agenda bevorzugt Papier; Rissanen bezeichnete die recycelten Glassine Release Liner von UPM als gutes Beispiel für ökologische Verantwortung innerhalb der Wertschöpfungskette für Selbstklebe-Etiketten. Er zitierte Statistiken von McKinsey & Co über die weltweiten Ströme von Plastikverpackungsmaterial, von denen jährlich nur 2% für Kreislaufrecycling verwendet werden, während ungefähr 32% im »Plastik-Ozean« landen, der derzeit durch die Nachrichten geistere.

Industrie-Polyolefin-Plattform für die Kreislaufwirtschaft
Die Polyolefin-Plattform für die Kreislaufwirtschaft (Polyolefin Circular Economy Platform – PCEP), die von drei Verbänden der Kunststoffindustrie – EuPC, Plastics Europe und Plastics Recylers Europe – gegründet wurde, hatte anschliessend Gelegenheit zu reagieren. Herman van Roost (Vorsitzender der Communications Group) erläuterte die gemeinsame Initiative der Industrie-Wertschöpfungskette der Gruppe. Mit einer »To Do«-Liste für ein zunehmendes Recycling von polyolefinbasierten Verpackungen und die Verwendung von Polyolefin-Rezyklaten als Rohmaterial für die langfristige Nachhaltigkeit solcher Produkte kombiniert die PCEP »einzigartige« Kompetenz: Polymerwissenschaft, Recycling und Kunststoffverarbeitung. Van Roost unterstrich die wichtigsten strategischen Ziele der Initiative – darunter die verstärkte Sammlung und Sortierung von Verpackungsabfällen, die eine Hauptquelle für Polyolefin-Rezyklat darstellen – und stellte die derzeit aktiven Arbeitsgruppen vor, die sich mit Themen wie Innovation für ein höheres Recycling flexibler Verpackungen befassen; Endverbrauchermärkte für Polyolefin-Rezyklate; und technologische Innovationen zur Verbesserung des mechanischen Recyclings und der Umwandlung.

Ergänzung der Dynamik
Die Entwicklung des breiten Anwendungsfelds des Etikettenrecyclings wurde durch Mark Macaré (Public Affairs, und Recycling Project Group, FINAT) adressiert. Der Fokus des Verbandes liege auf der Notwendigkeit von reibungslosen Logistiklösungen und Möglichkeiten zur Kosteneinsparung, um Interesse zu wecken und um einen entscheidenden Beitrag für die Umwelt zu leisten. Zusammen mit dem » Engpass« Markeninhaber, so betonte er, müssen diese Ziele durch die Etikettenindustrie selbst erreicht werden, die »mit gutem Beispiel vorangehe«. Im Kontext mit Daten über den legislativen und externen Druck, der die gegenwärtige Situation charakterisiere, zeigte Macaré, wie FINAT durch das Informationspaket aus Literatur, on-line-Dienstleistungen, den LCA Resultaten und relevanter Industriestatistiken das Bewusstsein schärfe. Diese Basisreferenzquelle ist mit einem Programm von Branchenereignissen gekoppelt; Zusammenarbeit mit anderen Etikettenverbänden auf der ganzen Welt; PR-Aktivitäten und den jährlichen FINAT Recycling Awards; und die Markeninhaber aktiv mit Verarbeitern in Kontakt bringen. »Die Botschaft verbreiten, die Initiative anstossen und mit dem Recycling beginnen«, so sein Credo.

AWA Alexander Watson Associates veranstaltet die »Global Release Liner Conference and Exhibition« vom 14.–16. Februar 2018 in Amsterdam/NL. (Foto: AWA)

www.awa-bv.com

 

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