Achtfarbenmaschine XFlex X4 von Omet ermöglicht All Labels einen gelungenen Einstieg in die eigene Etikettenproduktion
Der Begriff »Start-up» ist in den Medien derzeit äußerst beliebt. Dass es dabei nicht unbedingt um die Entwicklung von coolen neuen Apps gehen muss, beweist der vorliegende Beitrag. Darin ist ebenfalls ein Start-up beschrieben – allerdings eines im mehr klassischen Stil. Weil der Start einer eigenen Etikettenproduktion in einem eher gesättigten Markt wie Westeuropa generell eine besondere Herausforderung darstellt, brauchte Mario Stüwe in den letzten beiden Jahren eine überdurchschnittlich grosse Portion Durchhaltevermögen. Wie der Geschäftsführer der All Labels GmbH in Delitzsch beim Besuch des Autors erklärte, erwies sich die sorgfältig gewählte Ausstattung der Produktion mit geeigneter Technik als wichtiger Faktor für den Erfolg. – Klemens Ehrlitzer
Eine seinerzeit spontane Entscheidung, das Jobangebot einer Etikettendruckerei anzunehmen, bedeutete für Mario Stüwe den Einstieg in eine bis dahin unbekannte Branche. Den Weg in die Selbständigkeit wagte er, als sich die Chance bot, die Firma All Labels zu übernehmen. Eine eigene Etikettenproduktion aufzubauen, war dabei von vornherein sein erklärtes Ziel. Im August 2014 war es schliesslich soweit. Mit drei Mitarbeitern startete das Unternehmen am aktuellen Standort im nördlich von Leipzig gelegenen Delitzsch mit der Fertigung von Haftetiketten.
Im Dialog mit bereits bestehenden Kunden wurden die Anforderungen an die Produktionstechnik festgelegt und eine Liste mit möglichen Maschinenmodellen aufgestellt. Am Ende der Evaluierung blieben zwei Favoriten übrig. Einer war der Maschinenhersteller Omet aus dem italienischen Lecco. Der Druckmaschinenanbieter wird im deutschsprachigen Markt durch die Chromos GmbH vertreten, die im bayerischen Friedberg angesiedelt ist.
Auftragsbezogene Ausstattung
Als Ergebnis intensiver Beratungsgespräche fiel die Entscheidung letztendlich auf eine Achtfarben-Flexodruckmaschine vom Typ Omet XFlex X4 mit 370 mm Bahnbreite. Vor allem beim Festlegen der Ausstattung waren dem Team von All Labels die praxisnahen Ratschläge von Chromos sehr willkommen: »Aus dem anfänglichen ›Wünsch-Dir-Was‹ wurde schnell eine sachliche Betrachtung, welche Komponenten im Hinblick auf das geplante Auftragsportfolio tatsächlich erforderlich sind, und welche Teile bei Bedarf nachgerüstet werden können.« Die Kunden stammen hauptsächlich aus den Bereichen Nahrungsmittel, Industrie und Kosmetik. Bei den eingesetzten Substraten wird neben Haftpapieren ein großer Anteil an Folien – vor allem Polyethylen – sowie Thermopapier verarbeitet.
In diesem Umfeld strebt All Label an, längerfristig das Segment der höherwertigen Etiketten zu bedienen, die im Durchschnitt sechsfarbig bedruckt sind und verschiedene Veredelungen aufweisen. Deshalb umfasst die Konfiguration der Flexodruckmaschine insgesamt acht Stationen sowie Bahnwendung, Folienveredelung (kalt) und Glanz- bzw. Mattlackierung. Daneben sind auch Delam-Relam-Anwendungen, mehrlagige Etikettenkonstruktionen, das Bedrucken von Verbundpapieren und -folien sowie das Aufbringen von Hologrammfolien möglich.
Intuitive Bedienung
»Die allgemeine Zielsetzung bei der Auswahl der Maschine war, damit möglichst flexibel im Markt agieren zu können«, erklärt Mario Stüwe. Neben der technischen Ausrüstung sieht er vor allem auch eine gute Bedienbarkeit als Grundvoraussetzung, um eine niedrige Makulaturquote und kurze Rüstzeiten zu erzielen. Unter dem Strich gilt für ihn der Anspruch, Auflagen ab rund 1000 Laufmeter im Vergleich zum Digitaldruck wirtschaftlich produzieren zu können. Einen wesentlichen Beitrag zur hohen Bedienerfreundlichkeit leistet hierbei das vollautomatische Registersystem Vision von Omet. Es sorgt sehr zuverlässig dafür, dass bei einem Wechsel der Auftrag schnell im Passer ist. Auch während der Produktion hält es den Druck und die Stanze konstant im Register.
Dass die XFlex X4 eine benutzerfreundliche Maschine ist, kann auch Tobias Noack bestätigen, der seit Ende 2015 an der Maschine arbeitet. Vor seiner Anstellung bei All Labels war er schon bei zwei grossen Etikettendruckereien beschäftigt, wo er praktische Erfahrungen an Flexodruckmaschine
n anderer namhafter Herstellern sammeln konnte. Als besonders vorteilhaft empfindet er die Bedienerführung, mit der sich Sorten- oder Auftragswechsel selbst bei eiligen Aufträgen intuitiv, sicher und in wenigen routinemässigen Arbeitsschritten bewerkstelligen lassen.
Wechsel während der Produktion vorbereiten
Einen Pluspunkt sieht er weiterhin in der Möglichkeit, während eines laufenden Auftrags bereits den nächsten Wechsel vorbereiten zu können. Verglichen mit den Maschinen, die er früher bedient hat, ist die Rüstzeit an der XFlex X4 erheblich reduziert. Angesichts der üblichen Auflagenhöhen, die bei All Labels häufig zwischen 2000 bis 4000 Laufmetern liegen, fällt eine solche Minimierung der Rüstzeit spürbar ins Gewicht.
Einen echten praktischen Nutzen bedeutet auch das Rock’n’Roll-Abgittersystem, das Produktionsunterbrechungen durch Gitterrisse vermeiden hilft, wie Tobias Noack bestätigen kann: »Als kürzlich eine Reihe neuer Aufträge mit durchweg schwierigen Sonderformen zu fertigen waren, hat sich das System wirklich bewährt. Alle Jobs liessen sich problemfrei mit der geplanten Geschwindigkeit stanzen.« Peter Plöhn, im Vertrieb der Chromos GmbH tätig, ergänzt: »Untersuchungen von Omet haben ergeben, dass sich mit Hilfe des Rock’n’Roll-Systems die Produktionsgeschwindigkeit bei den meisten gängigen Stanzformen um bis zu 30% steigern lässt.«
Gut organisierte Installationsphase
Die Aufstellung der Druckmaschine verlief planmässig. Zeitgleich wurde eine Konfektioniermaschine vom Typ Sirius des französischen Herstellers Smag geliefert, der im deutschen Markt ebenfalls von der Chromos GmbH vertreten wird. Die reibungslose Installationsphase sei vor allem der sorgfältigen organisatorischen Vorbereitung durch das Chromos-Team als Vertriebs- und Service-Organisation zu verdanken, lobt Mario Stüwe. Unmittelbar nach der Inbetriebnahme startete die Produktion, da bereits die ersten Aufträge realisiert werden mussten. Im Rückblick auf zwei Jahre Praxiserfahrung ist All Labels mit der Investitionsentscheidung nach wie vor sehr zufrieden. »Die Erwartungen haben sich durchweg erfüllt.«
Leichte Anlaufschwierigkeiten gab es nicht bei der Technik, sondern bei der Installation des Warenwirtschaftssystems. Sobald es jedoch so eingerichtet war, dass alle relevanten Daten wie gewünscht eingepflegt wurden, stellte sich auch der erhoffte Geschäftserfolg ein. Das Auftragsvolumen legte konstant zu und zeigt über die Zeit eine durchschnittliche Wachstumsrate von 20 %. All Labels konnte bereits in den ersten drei Monaten eine Schicht auslasten und im zweiten Geschäftsjahr neue Mitarbeiter einstellen und auf Zweischichtbetrieb umstellen. Aktuell zählt das Unternehmen neun Beschäftigte.
Problemlösung im Gesamtprozess
Die reine Etikettenproduktion sieht Mario Stüwe als Teil eines umfassenderen Angebots. Weil die Anwendungsmöglichkeiten für Haftetiketten und Verbundfolien immer vielfältiger werden, ist zunehmend mehr Kompetenz in der gesamten Systemkette gefragt. Das reicht von der Grafik über die Auswahl der richtigen Materialien bis zum Bedrucken und Veredeln der Etiketten bzw. Folien und schließt auch ihre reibungslose Verarbeitung in Folgeprozessen, z.B. in der Verpackungslinie, mit ein.
Ein typisches Beispiel ist der Fall eines Kunden, der mit einem aus drucktechnischer Sicht anspruchslosen zweifarbigen Etikett Schwierigkeiten beim Applizieren hatte. Bestimmte Etikettenformate lösten sich schon vor Erreichen der Spendekante vom Trägermaterial. Nach zahlreichen Versuchen stellte sich heraus, dass der Releasewert des Trägermaterials geringfügig zu niedrig war. Dadurch verursachte eine prozessbedingt eng ausgelegte Umlenkwalze das zu frühe Ablösen der Etiketten. Der Wechsel zu einem Haftmaterial eines anderen Lieferanten brachte letztendlich die Lösung. Weil All Labels einen breiten Bereich vom Etikett bzw. der Verbundfolie über das Spendegerät bis zur Prozesstechnik abdeckt, lässt sich die Ursache für derartige Probleme leichter finden. Ausserdem erweitert sich der Spielraum für Lösungsmöglichkeiten. Ein alternativer Lösungsansatz wäre z.B. der Einbau grösserer Umlenkwalzen gewesen. Mit dem Materialwechsel wurde für den Kunden jedoch eine deutlich günstigere Lösung realisiert.
Kundenbindung mittels Dienstleistung
Bevor Lösungen angeboten werden können, ist in jedem Fall zuerst die Kommunikation mit den Kunden erforderlich. Solche Kontakte sucht Mario Strüwe bewusst, um den Bedarf des Kunden genau einschätzen zu können. Auf dieser Basis überprüft er anschliessend, ob die benötigten Produkte mit den verfügbaren Fertigungsmöglichkeiten sowohl technisch als auch wirtschaftlich realisierbar sind.
Auf diese Weise entstehen häufig Win-Win-Situationen. Beispielsweise dann, wenn für Kunden auch Leistungen im Bereich Logistik übernommen werden. All Labels verfügt über gewisse Lagerkapazitäten, so dass Produkte auf Kundenwunsch vorproduziert, eingelagert und auf Abruf ausgeliefert werden können. Weiterhin haben Kunden die Möglichkeit, Bestellungen über ein Online-Portal zu platzieren und den jeweils aktuellen Stand einzusehen. Wenn der Kunde im Gegenzug Informationen über seinen Gesamtbedarf einbringt, lässt sich auf dieser Grundlage eventuell ein Angebotspaket schnüren, das Spielräume bei der Kalkulation eröffnet.
Erfolgsgeheimnis – die Komponente Mensch
Was Mario Stüwe von Anfang an ausdrücklich vermieden hat, waren Versuche, Kunden mit Hilfe von Preisnachlässen zu gewinnen. Eine solche Strategie wäre im Etikettenmarkt mit seinem stark zunehmenden Wettbewerbsdruck auf Dauer nicht durchzuhalten. Als Kernelement für einen langfristigen Erfolg sieht er vielmehr die menschliche Komponente. Das betrifft einerseits das Aufbauen und Pflegen von Kundenbindungen, die auf gegenseitigem Vertrauen basieren. Nicht zuletzt deshalb investiert Mario Strüwe viel Zeit in die Kundenkontakte. Teilweise hat er schon viele Kilometer zurückgelegt, um Produkte persönlich an Kunden auszuliefern.
Aber auch im eigenen Unternehmen ist ein Arbeitsklima gefordert, in dem die Mitarbeiter sich als Mensch ernst genommen fühlen. Schliesslich ist es nicht damit getan, die richtigen Maschinen zu kaufen. Um mit der Technik gute Produkte herzustellen, ist auch ein Team mit qualifizierten und einsatzbereiten Mitarbeitern erforderlich.
Ausbau der Produktion als Zukunftsziel
Aufgrund der erfolgreichen Entwicklung der Firma All Labels, ist ein Ausbau der Produktionskapazitäten in 2017 geplant. Somit kann der Faktor Flexibilität weiterhin sichergestellt und der Fokus auf den Ausbau des Produktportfolios gelegt werden.
Abschliessend bezieht sich Mario Stüwe auf ein Zitat von Franz Beckenbauer, welches seine persönliche Einstellung zum Beruf und zur Selbständigkeit widerspiegelt: »Bei mir war es die Freude am Ball. Am Ball war ich glücklich. Dein Glück ist, wenn deine Passion zum Beruf wird.« Jeder Mitarbeiter, Kunde und Lieferant wird nach der eigens definierten Wertekultur »Respekt, Ehrlichkeit, Vertraulichkeit und Hingabe« behandelt. Diese trägt essentiell zum Erfolg der Firma All Labels bei.
Foto 1: Mit der Achtfarben-Flexodruckmaschine XFlex X4 370 von Omet hat All Labels im August 2014 seine eigene Etikettenproduktion gestartet.
Foto 2: Geschäftsführer Mario Stüwe (links) und Drucker Tobias Noack (rechts) an der Omet XFlex X4. (Alle Fotos: Ehrlitzer)
〉 www.all-labels.de
〉 www.chromos.de
〉 www.omet.com